Wer macht was und wieviel? Die App Equaly hilft dabei, über Care-Arbeit in der Familie ins Gespräch zu kommen und sie gerechter zu verteilen.
Equaly ist eine kostenpflichtige (Web-)App, die Paaren helfen soll, über Care-Arbeit zu sprechen, eine Aufteilung zu finden, die sich für beide fair anfühlt sowie diese auch im Alltag umzusetzen. frau und beruf Baden-Württemberg hat die App durch ein Paar testen lassen, das hier persönliche Einblicke in die Arbeit mit der Anwendung gibt.
Mareike (42) und Björn (46) sind seit fast 10 Jahren verheiratet, haben drei gemeinsame Kinder, sind beide Akademiker, leben ihrem Gefühl nach eine gleichberechtige Partnerschaft. Nun wollen sie einen genaueren Blick darauf werfen, wie es um die Aufteilung ihrer Care-Arbeit bestellt ist. Sie testen im Auftrag von frau und beruf Baden-Württemberg für einige Wochen die Web-Anwendung Equaly.
Mareike registriert sich auf der Seite von Equaly. Sie verschickt eine Einladung an ihren Mann. Den Ablauf empfindet sie als reibungslos.
Björn will die Einladung akzeptieren, klickt auf „Einladung annehmen“ und muss sich dann selbst ebenfalls vollständig registrieren. (Hier hätte er sich einen schnelleren Weg gewünscht, da seine Frau den ausführliche Anmeldevorgang ja schon absolviert hatte). Auch Mareike muss sich danach noch einmal aus- und wieder einloggen. Erst dann starten sie in die gemeinsame "Equaly-Reise".
Der Einstieg ins Programm läuft über eine Bestandsaufnahme, bei der das Paar rund 40 konkrete Aufgabenbereiche durchgehen und angeben muss, wer die Aufgaben im Familienalltag aktuell übernimmt.
Die Aufgaben reichen vom "Kinder zur Kita bringen/holen" über "Einkaufen", "alles rund ums Auto", "Pflege familiärer und freundschaftlicher Beziehungen" oder "Geburtstage organisieren" bis hin zum "Ausmisten", "Putzen" oder der "Organisation wichtiger Dokumente".
Mareike: "Das ist im ersten Moment ein wenig mühsam, weil es doch eine Weile dauert, bis wir alles durchgeackert haben. Und das am späten Abend…. Aber gleich das bringt eine erste Erkenntnis: Wir haben echt viele ToDos als Eltern!"
Was Mareike und Björn gut gefällt: Alle Aufgaben sind am Ende nicht nur in Spalten sortiert und den beiden Personen einzeln oder als Paar zugeordnet. Sie sind auch danach klassifiziert, ob sie alltäglich anfallen oder eher flexibel zu erledigen sind. Das zeigt noch einmal mehr, ob jemand eigentlich über Gebühr mit häufig anfallenden Aufgaben belastet ist. Denn es kann zwar sein, dass die Partner in Summe ähnlich viele Aufgaben haben, aber es ist ein Unterschied, ob diese Aufgaben täglich anfallen oder nur ab und zu.
Alles in allem bestätigt sich, was die beiden schon geahnt hatten. Auf den Schultern von Mareike liegt mehr Last der Care-Arbeit.
Am Ende dieser ersten Session könnten Mareike und Björn Aufgaben gleich neu verteilen, aber sie vertagen das erst einmal. Sie wollen den Status Quo erst einmal reflektieren und beobachten, wie sie ihn jetzt - so schwarz auf weiß - bewerten. Beim nächsten Treffen, dem so genannten Check-in, wollen sie besprechen, wie es ihnen ergangen ist mit der Aufgabenverteilung, die sie nun so konkret vor Augen haben. Sie planen den Check für eine Woche später.
Zunächst kann das Paar per Emoji und Barometer ausfüllen, wie es beiden geht und wie zufrieden sie mit der aktuellen Aufgabenverteilung sind. Anschließend beantworten sie die Basis-Fragen, die der Einstieg jeder "Check-In"-Session sind:
Mareike und Björn bemerken bei den Fragen, wie ungewohnt es ist, sich bewusst über den Alltag zu verständigen und darüber, wie sie sich mit ihren Aufgaben fühlen: "Wir funktionieren wohl viel zu gut im Alltag und haben kaum Kapazitäten, dieses Funktionieren überhaupt zu reflektieren. Aber es ist wichtig, die Dinge einmal von außen anzuschauen".
Jetzt wissen Mareike und Björn wie es läuft und freuen sich auf das Reflektieren. Sie kommen in einen regen Austausch, was sie gern verändern würden. Es sei zwar nicht immer leicht, manche Punkte anzusprechen, aber sie versuchen es als Chance zu sehen. Sie testen heute das Fokus-Thema "Mental Load".
Beim Mental Load geht es um das Planen und Organisieren von Care-Arbeit, das “Dran denken” – die unsichtbare ewig lange To-Do-Liste im Kopf. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, dass Mental Load noch stärker ungleich verteilt ist als die ausführende Care-Arbeit: Von 21 Mental-Load-Aufgaben, an die gedacht werden muss, liegen 18 typischerweise bei der Frau und 3 beim Mann.
Ein Grund für die ungleiche Mental-Load-Verteilung sei laut App Equaly die “Manager-Executer-Dynamik”. Dabei gibt es in Beziehungen häufig einen Household Manager, der alle Aufgaben im Blick hat und diese verteilt, während der Executer die Aufgaben ausführt. Dadurch wird die ausführende Care-Arbeit besser verteilt, aber der Mental Load bliebe bei einer Person hängen.
Es geht nun wieder darum Fragen zu beantworten:
Bei den Fragen zur Verteilung des Mental Loads stellen Mareike und Björn ernüchtert fest, dass Mareike bei der Mehrzahl der Aufgaben trotz aller Aufteilung den Mental Load bei sich spürt und es aufgrund der eigenen sozialen Prägungen unheimlich schwer fällt zu überlegen, wie sich dieser Kreislauf stoppen ließe. Sie nehmen sich vor, sich in kleinen Schritten heranzutasten und tauschen als erstes eine Aufgabe im Bereich Schulkindorganisation: Mareike tritt aus den WhatsApp-Gruppen der beiden Schulkinder aus und Björn übernimmt dort.
Neben den Fokusthemen gibt es noch weitere Tools wie ein Quiz, den Loveletter, ein Vereinbarkeitsplaybook hin zu einer gemeinsamen Vision der Zukunft, eine Übersicht über Möglichkeiten des Finanzausgleichs und viele mehr.
Außerdem kann man noch eine individuelle Coaching Session buchen.
Mareike und Björn: "Equaly ist eine tolle praktische Hilfe, in die Auseinandersetzung über "Equal Care" zu kommen, da man nicht nur beim gesprochenen Wort hängen bliebt, sondern Dinge schwarz auf weiß hat und so besser daran weiterarbeiten kann. Sehr hilfreich sind auch die Erinnerungsmails." Allerdings sehen beide in der Nutzung von Equaly auch große Anforderungen an Paare:
Kritische Anmerkungen: