Tag der Familie: Männer überschätzen ihren Beitrag zur Hausarbeit

Vater spült eine Müslischale am Spülbecken ab. Baby sitzt neben ihm auf der Arbeitsplatte

Ungleiche Verteilung hemmt Erwerbsarbeit von Frauen

Männer gehen davon aus, dass die Arbeit im Haushalt zwischen ihnen und ihrer Partnerin gleich verteilt ist. Doch mit dieser Einschätzung liegen sie daneben – und erschweren damit den Frauen die Teilhabe am Arbeitsmarkt, wie eine Studie der Bertelmann-Stiftung ergeben hat. Danach leisten Männer deutlich weniger als ihre Partnerinnen. Während die Männer mit der Aufteilung zufrieden sind, sind die Frauen mit ihrer Situation deutlich unglücklicher.

Laut der Studie, die im Januar 2025 veröffentlicht wurde, sagen mehr als zwei Drittel der befragten Männer (68 Prozent), dass sie und ihre Partnerinnen „gemeinsam” oder zumindest „meistens gemeinsam” für Aufgaben im Haushalt zuständig sind. Frauen sehen das allerdings ganz anders: nur 44 Prozent von ihnen geben an, dass die Aufgaben gleich verteilt sind. Ähnlich unterschiedlich ist die Wahrnehmung, wenn es um die klassische, getrennte Zuständigkeit für den Haushalt geht: in 54 Prozent der Fälle sehen Frauen die Zuständigkeit immer oder meistens bei sich selbst. Demgegenüber sagen nur knapp 22 Prozent der Männer, dass die Zuständigkeit zumeist bei ihrer Partnerin liegt.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Onlinebefragung, die das Institut Arbeit und Qualifikation im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zwischen Dezember 2023 und Januar 2024 durchgeführt hat. Befragt wurden gut 1.600 Personen im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 65 Jahren, die zum Zeitpunkt der Befragung in einer heterosexuellen Beziehung lebten.

An den unterschiedlichen Wahrnehmungen ändert sich auch dann nichts, wenn man nur die Haushalte betrachtet, in denen beide in Vollzeit arbeiten. Während 70 Prozent der Männer mit Vollzeitjobs angeben, dass sich beide gemeinsam oder meist gemeinsam um den Haushalt kümmern, sagen das nur 49 Prozent der Frauen. „Auch wenn beide in vollem Umfang erwerbstätig sind, führt das nicht automatisch zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Haushaltsaufgaben“, sagt Michaela Hermann, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung.
„Solange traditionelle Geschlechterrollen die Ungleichverteilung von Haus- und Sorgearbeit zementieren, beschränken wir die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt mit entsprechenden Folgen für Einkommen und Renten. Und wir verschärfen den Fachkräftemangel.“


Frauen investieren deutlich mehr Zeit in Hausarbeit und Kinderbetreuung

Das unterschiedliche Verständnis von einer gleichmäßigen Verteilung der Aufgaben zeigt sich auch beim Zeitaufwand, den Männer und Frauen für Jobs im Haushalt und für die Kinderbetreuung angeben. Selbst bei den Befragten, die das Prinzip „Wir machen das gemeinsam“ bejahen, geben Männer an, pro Woche 6,7 Stunden für den Haushalt zu investieren. Bei Frauen sind es 10,6 Stunden – also deutlich mehr. Noch eklatanter ist der Unterschied bei der Kinderbetreuung. In Paaren mit gemeinsamer Sorgeverantwortung investieren Männer nach eigener Einschätzung durchschnittlich 17,5 Stunden, bei Frauen sind es dagegen 27,5 Stunden pro Woche.


Wenig überraschend sei laut der Studie, dass ein Großteil der Frauen unzufrieden mit dieser Aufteilung von Erwerbs-, Haushalts- und Sorgearbeit im gemeinsamen Haushalt ist. Auf einer Elf-Punkte-Zufriedenheitsskala liegen die Männer bei 7,7 Punkten, die Frauen nur bei 6,8. Insgesamt seien Frauen deutlich zufriedener, wenn beide Partner gemeinsam für Haushaltsaufgaben zuständig sind (7,6), als wenn sie allein dafür zuständig sind (5,9).


Verantwortung der Männer stärker in den Blick nehmen

Damit Frauen Zeit für mehr Erwerbsarbeit haben, müsse folglich in vielen Partnerschaften die Hausarbeit anders verteilt werden. „Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Frauen nach der Kinderphase nicht wieder voll erwerbstätig sind“, sagt Luisa Kunze, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung. „Männer müssen ihre Verantwortung in Haushalt und Familie stärker wahrnehmen und für diesen Zweck auch Angebote wie Brückenteilzeit und flexible Arbeitszeitmodelle häufiger in Anspruch nehmen.“ Damit das gelingt, müssten auch Betriebe ihren Beitrag leisten. „Führungsaufgaben in Teilzeit oder Rücksichtnahme auf Kita-Schließzeiten sollten auch für Männer normal sein und vom Arbeitgeber offensiv angeboten werden“, fasst Kunze zusammen.


Über die Studie:

Die vorliegende Studie „Spannungsfeld Vereinbarkeit: Arbeitsaufteilung, Geschlechterrollen und Aushandlungen im Paarkontext“ ist der zweite Teil einer dreiteiligen Veröffentlichungsreihe im Rahmen des Projekts „Spannungsfeld Vereinbarkeit: Onlinebefragung zur Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit im Paarkontext“. Die dreiteilige Gesamtstudie hatte das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen im Zeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Für die Gesamtstudie wurden rund 2.500 Personen befragt, für den oben ausgewerteten zweiten Teil wurden die Antworten von rund 1.600 Personen betrachtet, die in einer heterosexuellen Paarbeziehung lebten.  

Teil 1 der Reihe: Spannungsfeld Vereinbarkeit: Arbeitszeit- und Jobpräferenzen von Menschen mit Sorgeverantwortung

Teil 3 der Reihe: Spannungsfeld Vereinbarkeit: Elternzeitpräferenzen und Vereinbarkeitswünsche von Frauen und Männern