Elena Iwaschkin und Boomi Devi Ravi Shankar

"So ein Programm hätte ich selber gerne gemacht!"

Das Mentorinnen-Programm für Migrantinnen war noch lange nicht in Sicht, als Elena Iwaschkin 1996 aus Kasachstan nach Deutschland kam. Damals war sie 17 Jahre alt, mit der Schule fertig und fragte sich: „Was mache ich denn jetzt?“

„Eine solche Unterstützung hätte mir gutgetan“, blickt die 43-Jährige zurück. Deswegen bewarb sie sich gleich als Mentorin, als sie bei einer Fortbildung zu Karriereplanung vom Mentorinnen-Programm erfuhr. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es vielen Frauen mit Migrationshintergrund nicht in erster Linie um sachliche Themen geht. Da können sie sich selber ganz gut informieren. Aber vieles „drumherum“ ist schwierig: Wie verhalte ich mich, wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen Mittagspause mache und jemand fragt im Café oder der Kantine, ob ich etwas haben möchte? Dann weiß ich nicht, ob ich das selber bezahlen oder andere einladen soll? Wann kann ich >Nein< sagen und wann ist das unhöflich?“

Die Kontaktstelle macht ein ganz tolles Matching. Schon meine erste Mentee passte perfekt zu mir.

Elena Iwaschkin

Ein „match made in heaven"

Solche Fragen beschäftigten und verunsicherten auch Boomi Devi Ravi Shankar. Sie kam vor fünf Jahren „der Liebe wegen“ aus Indien nach Deutschland. In Indien hatte sie im Bereich Rentenversicherung gearbeitet. Bei einer Weiterbildung in Stuttgart erfuhr sie vom Mentorinnen-Programm für Migrantinnen. Die 33-Jährige machte einen Beratungstermin in der Kontaktstelle Frau und Beruf Stuttgart - Region Stuttgart aus. „So kam ich zum Programm und lernte Elena Iwaschkin kennen“. Die lobt: „Die Kontaktstelle macht ein ganz tolles Matching. Schon meine erste Mentee passte perfekt zu mir“.

Im April 2022 startete das Tandem in die Zusammenarbeit. Gleich darauf fand Boomi Devi Ravi Shankar eine Stelle im Finanzbereich, in einem Cash Management Team. „Das war mein erster Arbeitsvertrag in Deutschland. Ich wusste nicht, wo ich meine Sozialversicherungsnummer finde, wie es hier mit der Krankenversicherung, Steuererklärung etc. läuft. Vor allem aber hatte ich keine Erfahrung mit dem deutschen Arbeitsklima. Da hat Elena mir sehr geholfen und viel Sicherheit vermittelt.“

 

Rätsel im deutschen Arbeitsalltag

In ihrer Beratung in der Kontaktstelle Frau und Beruf Stuttgart - Region Stuttgart hatte sie schon ihre Bewerbungsunterlagen überarbeitet und alles über Dresscodes und Körpersprache bei Vorstellungsgesprächen erfahren. „Meine Kolleginnen und Kollegen sind freundlich, da gibt es keine Konflikte. Aber Alltagssituationen fand ich schwierig zu verstehen“, erinnert sich die junge Mutter.

„Ich habe Boomi dann vermittelt, dass wir in Deutschland eine ausgebildete Fragekultur pflegen, vor allem im Finanzbereich“, erzählt Elena Iwaschkin, die einen Abschluss in BWL hat und als kaufmännische Geschäftsführerin arbeitet. Auch mit ihrer ersten Mentee hat sie viel über kulturelle Unterschiede und andere gravierende Veränderungen gesprochen. „Meine erste Mentee ist Brasilianerin. Sie hat sehr erfolgreich als Projektmanagerin Internationale Beziehung in ihrem Heimatland gearbeitet. Als sie nach Deutschland kam, war sie plötzlich finanziell von ihrem Mann abhängig und ist mit dieser Situation nicht zurechtgekommen. Solche Herausforderungen zu bewältigen, ist für Frauen mit Migrationshintergrund genauso wichtig, wie eine korrekte Bewerbung zu erstellen.“

 

Unterstützung durch die Kontaktstelle

Die Kontaktstelle bietet ihren Tandems zahlreiche Unterstützungsangebote an. Bei Fragen konnte sich Elena Iwaschkin stets an die Beraterinnen dort wenden. Boomi Devi Ravi Shankar nahm an drei Veranstaltung zum deutschen Arbeitsmarkt, zu Frauen im Management und zum Thema Onlinebewerbungen teil.
Außerdem besuchte das Tandem verschiedene Formate für Mentees und Mentorinnen. Nun haben Elena Iwaschkin Boomi Devi Ravi Shankar noch ein Kaffeetrinken geplant – bei dem sie gleichzeitig die Steuererklärung machen!

„Es ist beeindruckend, wie sich die Frauen im Laufe der neun Monate fachlich und persönlich weiterentwickeln, ihre Sprachkompetenz ausbauen und Selbstvertrauen für einen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt bekommen. So gewinnt das Programm in Zeiten des Fachkraftmangels weiter an Bedeutung für die Wirtschaft: In diesem Jahr haben schon mehrere Mentees unserer Kontaktstelle eine Stelle gefunden, die ihren Qualifikationen entspricht.“ (Inge Zimmermann, Leiterin der Kontaktstelle Stuttgart)

„Die Kombination aus der individuellen persönlichen Begleitung durch die Mentorin und den Beratungs- und Workshopangeboten in unserer Kontaktstelle macht das Programm so wirkungsvoll, wie das Beispiel von Elena und Boomi zeigt.“ (Ingrid Münzer, Programm-Koordinatorin der Kontaktstelle Stuttgart)

 

Der Ablauf des Programms

Der Mentoringprozess ist auf rund neun Monate angelegt. Als Mentee können sich Frauen mit Migrationshintergrund bewerben, die aufgrund ihres Aufenthaltsstatus Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben und deutsche Sprachkenntnisse (mind. B1) sowie eine berufliche Qualifikation mitbringen.

Als Mentorinnen können sich berufstätige Frauen, gerne mit eigenem Migrationshintergrund, beteiligen, die mindestens zwei Jahre Erfahrung im Job mitbringen.

Das Mentorinnen-Programm wird von den landesweit neun Kontaktstellen Frau und Beruf koordiniert. Sie haben sich als Anlaufstellen für alle Frauen etabliert und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Integration von Frauen ins Erwerbsleben.

Das Mentorinnen-Programm startet immer im März. Die Kennenlerngespräche finden im Januar und Februar statt. Interessentinnen aus der Region Stuttgart wenden sich direkt an die Kontaktstelle Stuttgart: i.muenzer(at)beff-frauundberuf.de.

Hintergründe zum Mentorinnen-Programm für Migrantinnen und wie Sie mitmachen können, finden Sie hier.

Links Mentorin Elena Iwaschkin und rechts neben ihr Mentee Boomi Shankar lächeln in die Kamera

Mentorin Elena Iwaschkin (links) und Mentee Boom Devi Ravi Shankar (rechts)

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