Liebe Leser:innen,
mit der folgenden Erfolgsgeschichte beginnen wir unser neues Format „Erfolgsgeschichten 360 Grad“, in dem wir Ihnen von der Arbeit der Kontaktstellen aus verschiedenen Perspektiven erzählen.
Es geht um die Frauen-Erfolgsteams in Heidelberg. Viel Spaß beim Lesen!
Zwei Frauen – eine Geschichte
Tharaka Sriram
Tharaka Sriram ist ihrem Traum dank des Frauen-Erfolgsteams ein großes Stück nähergekommen. Denn nach einer Weltreise 2017/18 fand sie einfach keinen Job. Dabei brachte die 35-Jährige viel mit und kannte auch ihr Ziel. Aber erst die Arbeit im Erfolgsteam gab Tharaka Sriram den entscheidenden Impuls für ihren nächsten Schritt: „Es ist sehr wertvoll, wenn man nicht nur mit der Freundin oder anderen einem nahestehenden Menschen über die berufliche Zukunft redet. Die Gruppe hat mir auch den entscheidenden Rückhalt gegeben, mit dem ich die frustrierende Zeit meiner Arbeitslosigkeit überstehen konnte!“
Gabriele Daniel
Wir von der Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim – Rhein-Neckar-Odenwald haben die Frauen-Erfolgsteams vor vier Jahren in Heidelberg gestartet und sie laufen sehr gut. Einmal im Jahr startet eine Gruppe mit acht Plätzen, die Teilnahme ist kostenlos. Die Bewerberinnen schreiben uns, welche Motivation sie haben, beim Erfolgsteam mitzumachen und was ihr Ziel ist. Wir stellen dann eine Gruppe zusammen, die sich sechs Monate lang trifft. Unsere Teilnehmerinnen sind begeistert, wir bekommen sehr gute Rückmeldungen!
Warum haben Sie die Frauen-Erfolgsteams gestartet?
Im Rahmen unserer Arbeit und den verschiedenen Formaten, die unsere Kontaktstelle anbietet, haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es den Frauen schwerfällt, ihr Verhalten zu verändern. Ein längerfristig arbeitendes Team hilft dabei, am Ball zu bleiben, gibt schon mal den entscheidenden Impuls, getreu dem Motto: Alleine stark, gemeinsam stärker! Deshalb ist es umso wichtiger, dass jede einzelne Teilnehmerin selber etwas erreichen will. Motivation und Verbindlichkeit sind die beiden Kernpunkte.
Wie arbeitet ein Frauen-Erfolgsteam konkret?
„Damit die Treffen in der Gruppe nicht zu einem Kaffeekränzchen werden, haben wir einen Leitfaden entwickelt, nach dem die Teams arbeiten“, erklärt Kontaktstellenleiterin Gabriele Daniel. „Jedes Treffen sollte einer klaren Struktur folgen: Es beginnt mit der Aufwärmphase, beispielsweise einem Blitzlicht, dann folgen das Sammeln von Beiträgen durch die Moderatorin, die Problembearbeitung, eine kurze Auswertung sowie Organisatorisches für das nächste Treffen. Das Treffen endet mit einer Verabschiedung oder Überleitung zum geselligen Teil. Die Struktur, die man der Gruppe gibt, ist entscheidend für ihre erfolgreiche Arbeit. Zu Beginn der Runde werden Themen, Probleme oder Fragestellungen geäußert. Die Teilnehmerinnen wählen gemeinsam den interessantesten Aspekt aus und bearbeiten das Thema dann gemeinsam. Das kann die Frage sein: ‚Wie erreiche ich Kundinnen und Kunden, wenn ich mich selbstständig mache?‘ Oder: ‚Wie äußere ich Kritik?‘ Oder: ‚Mit welchen Strategien komme ich in eine Führungsposition?‘ Oder, oder, oder…Unsere Teams arbeiten immer mit einer Trainerin, die Methoden und Problemlösungsstrategien kennt und anwendet.“
Tharaka Sriram findet, dass die Trainerin ihres Frauen-Erfolgsteams einen sehr guten Job gemacht hat. „Wir sind alle mit sehr unterschiedlichen Zielen in die Gruppe gekommen: Eine Teilnehmerin wollte aufsteigen in eine höhere Position, eine Andere plante, sich selbstständig zu machen und eine Dritte, ihren Job zu wechseln. Wir haben dann zu Beginn der Treffen immer darüber gesprochen, was der nächste Schritt sein könnte oder sollte, um diesem Ziel näherzukommen. Und das war dann jeweils unsere Hausaufgabe bis zum nächsten Treffen. Das konnte die Realisierung einer Homepage sein oder auch, ein klärendes Gespräch mit einem Mitarbeiter zu führen. Es ging darum, sich dem zu nähern, was man möchte. Die Ziele sollen einen fordern und dazu bringen, die eigene Komfortzone zu verlassen.“
Tharaka Sriram selbst hatte sich dieses Ziel formuliert: „Ich möchte einen Job im Meeresschutz bekommen, an der Küste, mit einem angemessenen und fairen Gehalt, von dem ich gut leben kann.“
Kontaktstellenleiterin Gabriele Daniel erklärt: „Es geht darum, Ziele smart zu formulieren.
SMART steht dabei für
S – spezifisch
M – messbar
A – aktionsorientiert
R – realistisch
T – terminiert
Das heißt, ein Ziel soll konkret, eindeutig und präzise formuliert werden. Denn ein Ziel ist kein vager Wunsch. Damit ich überprüfen kann, ob ich mein Ziel erreicht habe, muss es messbar sein. Bei quantitativen Zielen ist das relativ einfach. Schwerer fällt es bei qualitativen Zielen. Deshalb muss man ein Erfolgskriterium formulieren, das man zweifelsfrei überprüfen kann. Außerdem ist es wichtig, das Ziel positiv und aktionsorientiert zu formulieren. Die Frauen sollen sich darauf freuen, ihr Ziel zu erreichen. Ein Ziel, dass ihnen widerstrebt, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht oder nur mit großer Mühe und Disziplin erreichen. Die Ziele können ruhig hochgesteckt sein. Hochgesteckte Ziele fordern uns – sie dürfen uns aber nicht überfordern, müssen erreichbar sein, sonst ist der Frust vorprogrammiert. Zu jedem Ziel gehört ein klarer Termin, bis wann das Ziel erreicht sein soll. Wenn ein Ziel nicht terminiert ist, schiebt man es immer vor sich her. Der Termin ist das entscheidende Merkmal eines echten Zieles.“
Methoden und Grundsätze
Wie die Teilnehmerinnen ihren Zielen näherkommen können, haben sie im Frauen-Erfolgsteam mit unterschiedlichen Methoden erarbeitet, erzählt Tharaka Sriram, zum Beispiel durch Visualisierungen, Rollenspiele oder Feedback-Runden. Zudem wurden verschiedene Problemlösungsstrategien vorgestellt.
Doch egal, um welche Methode es sich handelt, es ist immer wichtig, dass sich alle an Grundsätze wie ‚Geben und Nehmen‘ halten und genau zuhören. Zusammenfassungen müssen immer sorgfältig gemacht werden, Rückfragen behutsam und konkret erfolgen. Bei Interpretationen ist Zurückhaltung geboten. Selbstverständlich verpflichten sich die Teilnehmerinnen zur Verschwiegenheit. Alles was in der Gruppe geäußert wird, ist vertraulich. Konflikte und schwierige Situationen gehören zum Gruppenprozess dazu und können die geknüpften Beziehungen sogar vertiefen. So hat Tharaka Sriram das auch erlebt. „Wir hatten in unserer Gruppe ein sehr gutes Klima. Ich habe mich immer auf die Treffen gefreut. Es war toll, gemeinsam zu arbeiten. Dabei sind wir auch an unsere Grenzen gekommen, das hat uns aber auch weitergebracht.“
Was ist der Nutzen so eines Teams?
„Im Erfolgsteam erweitern die Frauen den eigenen Blickwinkel“, erklärt Gabriele Daniel. „Sie wechseln die Perspektive, reflektieren ihre eigenen Denkmuster, ihr Handeln, aber auch ihre emotionale Betroffenheit. Sie nehmen wahr, wie sie ihre beruflichen Kontakte gestalten und können, zum Beispiel in Rollenspielen, auch einiges ausprobieren. Darüber hinaus erfahren sie bei den eigenen Fallbeispielen die Anteilnahme der anderen Teilnehmerinnen und fühlen sich dadurch entlastet. Und nicht zuletzt lernen alle auch durch die Bearbeitung fremder Problemstellungen.“
Tharaka Sriram bestätigt das: „Ich fand auch die Herausforderungen der anderen immer sehr interessant! Dabei habe ich erfahren, wie es in großen Unternehmen zugeht und wir haben auch über Themen wie das Gehalt gesprochen. Es ist sehr hilfreich, wenn mehrere Augen auf dasselbe Problem schauen, und alle ihre unterschiedlichen Lösungsstrategien mitteilen. Das ist sehr spannend und inspirierend!“
Tharaka Sriram selber haderte mit einem Stellenangebot. Es war nicht genau der Job, den sie anstrebte, nicht an dem Ort, den sie sich wünschte und ohne das angestrebte Gehalt. Andererseits war sie zu diesem Zeitpunkt schon seit einem Jahr arbeitslos und es ging ihr nicht gut damit. Als Sprach- und Politikwissenschaftlerin hatte sie auf sechs der sieben Kontinente gelebt. Obwohl sie in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, fühlt sich Tharaka Sriram nicht zu hundert Prozent wohl hier. „Ich komme aus einer Familie von tamilischen Flüchtlingen aus Sri Lanka und deshalb wünsche ich mir, einmal an einem Ort zu leben, an dem ich nicht auf mein ‚exotisches‘ Aussehen reduziert werde.“
Tharaka Sriram beherrscht sechs Sprachen fließend. Als Sprach-und Politikwissenschaftlerin arbeitete sie für die UN, NGOs, Ministerien und andere Institutionen, schwerpunktmäßig zum Thema Frauenrechte, Entwicklungszusammenarbeit und Jugend, später dann auch zum Meeresschutz. „In die Welt der Meere musste ich mich erst einarbeiten, zahlreiche Hindernisse überwinden. Das Thema Meeresschutz hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.“ Das alles schilderte sie im Frauen-Erfolgsteam und erläuterte ihren Konflikt: Sollte sie sich auf den Job bewerben, obwohl er in verschiedener Hinsicht nicht ihrem eigentlichen Ziel entsprach? Als Ergebnis nahm sie aus dem Team mit, dass sie sich bewerben sollte. „Nicht zuletzt die Moderatorin hat mir die Perspektive aufgezeigt, dass ich diese Stelle als eine wichtige Chance sehen kann, um mehr über die Meere zu lernen und für ihren Schutz zu arbeiten. Mittlerweile arbeitet Tharaka Sriram hauptberuflich als Kampaignerin für eine große Wal- und Delfinschutzorganisation und ist damit ihrem Traum ein gutes Stück nähergekommen. „Während des Prozesses passt man sein seine Ziele ja auch an. Ich wünsche mir, dass ich eines Tages ein kleines Zentrum zur Meeresbildung für Kinder und Jugendliche betreiben kann – natürlich an der Küste, irgendwo, wo es immer warm ist und die Leute ganzjährig ins Meer können. Mit meinem momentanen Job bin ich auch sehr zufrieden. Ich kämpfe für den Erhalt der Meere und ihrer Bewohner – eine sinngebende Arbeit. Fast hätte ich mich nicht beworben. Ich kann also sagen, dass ich ohne das Frauen-Erfolgsteam nicht da wäre, wo ich jetzt bin. Es ist eine super Sache und ich finde, es könnte ruhig mehr von diesen Teams geben!“
