Den ersten Job im Leben finden
Timea Nyizsalovszka saß im B1 Kurs in der Sprachschule in Heidenheim und hörte Karin Niederführ von der Kontaktstelle Frau und Beruf Ostwürttemberg – Heidenheim interessiert zu. Die stellte gerade das Mentorinnen-Programm für Migrantinnen vor.
Timea Nyizsalovszka lebte noch nicht lange in Deutschland und plagte sich mit der Sorge, wie sie hier einen Job finden könnte. Deshalb dachte die junge Ukrainerin sofort: „Diese Unterstützung brauche ich!“ und meldete sich für das Programm an. „Die Anmeldung war wirklich cool, Frau Niederführ ist sehr nett gewesen und empathisch. Ich habe mir dann aber schon Gedanken gemacht, wer wohl meine Mentorin sein wird und ob wir miteinander zurechtkommen werden…“
Aus Zweien wird ein Tandem
„Timea Nyizsalovszka hat mir eine sehr nette E-Mail geschrieben, in der sie sich für das Programm bewarb", erzählt Kontaktstellenmitarbeiterin Karin Niederführ. Welche Mentorin sie mit welcher Mentee zu einem Tandem zusammenführt, hängt von verschiedenen Faktoren, erklärt sie.
Dieses Tandem habe ich aufgrund des fast gleichen Alters gematcht und die beiden haben sich von Anfang an verstanden. Beide haben sich Zeit genommen für ein Kennenlernen und Abklären der gegenseitigen Erwartungen.
Auf eine Mentee im etwa gleichen Alter hatte Hannah Thim tatsächlich gehofft, als sie sich dem MPM als Mentorin zur Verfügung stellte.
Ich habe über eine Anzeige im Gemeindeblatt meines Dorfes davon erfahren. Nicht so der klassische Kommunikationsweg in meiner Generation, aber so war es. Ich war gleich begeistert von der Idee, andere junge Frauen zu unterstützen!
Herausforderungen
Hannah Thim ist ausgebildete Industriekauffrau und hat dann noch ein Bachelorstudium in BWL und ein Masterstudium Logistik draufgesetzt. Sie arbeitet in der IT, im agilen Coaching. „Dort ‚setze ich Prozesse auf‘ und arbeite Leute ein. Deshalb war es für mich auch sehr ungewohnt, einen Rat zu geben. Normalerweise stelle ich eher Fragen, als dass ich anderen etwas rate. Als sie dann Timea kennengelernt habe, fand ich sie von Anfang an supernett und habe mich in der Begleitung immer an der Frage orientiert: ‚Was möchte Timea?‘ “
Die kommt aus einer ganz anderen Branche, sie ist Diplom-Psychologin. Vor drei Jahren wusste Timea Nyizsalovszka noch nicht, dass sie einmal nach Deutschland kommen würde. „Vielleicht hätte ich dann etwas anderes studiert, wenn ich das gewusst hätte“, sagt sie. „Denn als Psychologin muss ich gut sprechen können“. An diesem Ziel arbeitet sie täglich und hat inzwischen auch den B2-Sprachkurs erfolgreich abgeschlossen. Nicht nur ihre Mentorin bescheinigt ihr, wie gut sie die deutsche Sprache schon beherrscht!
Schritt für Schritt zum ersten Job
Vor zwei Jahren ist Timea Nyizsalovszka mit ihrem Master Studium fertig geworden. Kurz vor dem Abschluss, 2022, kam sie nach Deutschland. Ihre Eltern lebten schon seit sieben Jahren hier und als sie dann ihren Freund kennenlernte, war ‚die Sache klar‘.
Zum Glück wurde mir das Zeugnis zu meinem Psychologie-Abschluss auch auf Englisch ausgestellt, so dass ich hier dann nur ein halbes Jahr auf eine Anerkennung warten musste.
„Das war wirklich unproblematisch“, freut sich auch ihre Mentorin.
„Timea hatte viele Ideen und auch viele Möglichkeiten, denn es ging ja um nicht weniger als darum, ihren ersten Job zu finden. Der ist schon etwas Besonderes, finde ich“.
Deshalb beschäftigte sich das Tandem erstmal mit der Suche nach einem Praktikum.
Doch als Praktikanten wollten die Unternehmen nur Studierende und Timea war ja schon fertig. Weil es mit einem Praktikum nicht klappte, haben wir dann nach einer Teilzeitstelle gesucht.
„Ich hatte mir überlegt, dazu könne ich parallel mit dem C1 Sprachkurs starten“, ergänzt Timea Nyizsalovszka.
Doch es sollte anders kommen. Nachdem sie sich eine Zeit lang jeden Tag Stellenanzeigen im Internet angeschaut hatte, fand sie auf einer Webseite eine Ausschreibung. Ihr Lebenslauf war fertig, den hatte das Tandem schon aufgesetzt. Aber das Anschreiben mussten die beiden noch anpassen.
Dabei hat mir meine Mentorin sehr viel geholfen, das ging dann wirklich schnell – alleine hätte ich dafür total lange gebraucht.
Unterstützung für alle
Auch mit der Kontaktstelle hat das Tandem intensiv zusammengearbeitet. Sie führten dort mehrere Gespräche und besuchten verschiedene Veranstaltungen. Timea Nyizsalovszka haben vor allem einige Webinare der Kontaktstelle sehr geholfen. Für ihre Mentorin war der Austausch mit den anderen Mentorinnen sehr wichtig: „Ich habe mich schon immer wieder gefragt, ob ich das auch wirklich gut mache“.
Bei der Jobsuche haben die beiden auf jeden Fall alles richtig gemacht: „Nach allen Bewerbungen, die Timea verschickt hat, ist sie auch zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden – das war sehr ungewöhnlich und hat mich total gefreut“, erinnert sich Hannah Thim. „Einige Stellen konnte Timea nicht antreten, weil sie kein Auto besitzt. Aber insgesamt ging es dann sehr schnell und sie hatte ihren jetzigen Job im bfz Aalen.“ Das ist ein Zentrum für berufliche Fortbildung für Rehabilitation. Dort betreut Timea Nyizsalovszka Jugendliche, die Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche haben, weil sie Intelligenzgemindert sind oder unter Persönlichkeitsstörungen o.ä. leiden. Sie macht die Diagnostik, führt Konzentrations- und Intelligenztests durch. Andere im dortigen kleinen Team schauen dann, welche Ausbildungen oder Praktikumsplätze für die jeweiligen Personen geeignet sein könnten.
Die Bilanz
Die Bilanz von Timea Nyizsalovszka zum Mentorinnen-Programm für Migrantinnen:
„Das Wichtigste war für mich die Ermutigung durch Hannah und die Kontaktstelle. Sie kennen sich hier aus, sind hier aufgewachsen und dass sie mir gesagt haben, dass ich es schaffen kann – das war das Allerwichtigste für mich!“
Ihre Mentorin zieht ebenfalls ein sehr positives Fazit: „Ich hatte gehofft, ich könne ‚einen Unterschied machen‘! Das ist ein schönes Gefühl. Ich wollte auch ‚der klassischen deutschen Kultur‘ entgegenwirken. Ich lerne gerne andere Kulturen kennen, arbeite ja auch in einem internationalen Team.“
Timea fügt hinzu:
Ich habe die beste Mentorin bekommen – wir als Tandem, wir sind der Jackpot!
Kontaktstelle Ostwürttemberg – Heidenheim November 2024
Informationen zur Kontaktstelle Ostwürttemberg
https://www.frauundberuf-bw.de/kontaktstelle-frau-und-beruf-ostwuerttemberg
Timea Nyizsalovszka (l.) und Hannah Thim (r.); Foto: privat
Sie wollen auch Mentorin oder Mentee werden? Hier finden Sie alle Informationen zum Mentorinnen-Programm für Migrantinnen.