Mein Heimatland ist Italien. Dort bin ich geboren und aufgewachsen, dort habe ich Grundschulpädagogik studiert. Während des Studiums war ich mit dem Projekt ERASMUS in Schweden und habe meinen zukünftigen Mann kennengelernt, einen Deutschen.
Nach meinem Abschluss wollte ich andere berufliche Erfahrungen sammeln und dieser Wunsch hat mich erst mal in die Niederlande geführt. Doch nachdem ich meinen Masterabschluss (Management of Learning) in der Tasche und zweieinhalb Jahre Fernbeziehung hinter mir hatte, war ich bereit, nach Deutschland zu kommen, um mit meinem Freund zu leben.
Meine Erwartungen waren sehr hoch. Ich dachte, ich hätte alle Karten in der Hand, um einen guten Job zu finden. Außerdem hatten mir viele Leute erzählt, in Deutschland könne man auch ohne Deutschkenntnisse eine Arbeit finden. Mit diesen Ideen im Kopf war ich sehr optimistisch und bewarb mich auf Englisch für Praktika und Stellen. Es war mir aber trotzdem wichtig, die deutsche Sprache zu lernen, deswegen habe ich von Anfang an intensiv Deutschkurse besucht. Nach rund neun Monaten hatte ich das B2 Niveau erreicht.
Da ich keine Antwort von den Firmen bekam, bei denen ich mich beworben hatte, suchte ich andernorts. Doch dort konnte mir leider nicht geholfen werden.
Daraufhin begann ich, Italienischkurse in unterschiedlichen Volkshochschulen anzubieten. Es war nicht das, was ich erwartet hatte, aber immerhin etwas. Gleichzeitig jobbte ich als Kellnerin und Hilfskraft in der Küche, um mehr Geld zu verdienen.
Mit der Zeit schwanden mein Optimismus und auch mein Selbstbewusstsein. Ich wusste nicht mehr, was mich besonders und einzigartig macht.
Doch den Traum, unabhängig zu sein und einen tollen Job zu finden, den hatte ich immer noch und war nicht bereit, ihn aufzugeben. So habe ich weiter Deutsch gelernt. Um die Sprache auch sprechen und mehr Kontakte knüpfen zu können, engagierte ich mich ehrenamtlich.
Obwohl ich beschäftigt war, wollte ich mehr erreichen, wusste aber nicht, wie - bis ich im November 2018 einen Post auf Facebook über das Mentorinnen-Programm für Migrantinnen las. Sofort schrieb ich eine E-Mail an die Kontaktstelle Karlsruhe und 10 Tage später hatte ich dort mein erstes Gespräch. Endlich, nach Jahren, hatte ich eine Person gefunden, die mir zuhörte und mich verstand, die mir wichtige Informationen und Hoffnung gab. Ich fühlte, dass ich einen Bezugspunkt gefunden hatte.
Zu Beginn dachte ich, dieses Programm würde mir „nur“ dabei helfen, einen Job zu finden. Ich lag falsch - es hat mir viel mehr gegeben, das habe ich am Ende des Programmes verstanden: Meine Mentorin, unsere Treffen, die Workshops und Coachings haben mir geholfen und mich unterstützt, in mich zu gehen und mich dabei zuerst auf mich als Mensch zu fokussieren. Ich konnte meine Stärken analysieren und wiederfinden, meine Schwächen akzeptieren und mein Ziel definieren.
Mit der Zeit und vor allem der Hilfe meiner Mentorin habe ich vier wichtige Lektionen gelernt:
1. Den Weg und „das Panorama“ zu genießen, ohne den Fokus auf mein Ziel zu verlieren,
2. offen zu bleiben für Möglichkeiten, die ich vorher von vornherein ausgeschlossen hätte,
3. das Positive im Unvorhergesehenen mitzunehmen,
4. Ablehnungen nicht persönlich zu nehmen.
Ich bin inzwischen seit sechs Jahren in Deutschland und erst jetzt ist es mir möglich geworden, mich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Prozess war sehr frustrierend, aber es hat sich gelohnt, denn nun weiß ich, was mich einzigartig macht. Letzte Woche habe ich den Vertrag für einen Vollzeitjob unterschrieben. Die Firma ist für mich ein Traum, der Job passt ebenfalls, da ich dabei meine vielfältigen Sprachkenntnisse anwenden und zusätzlich viel Neues lernen kann. Ich bin sehr froh, dass ich am Mentorinnen-Programm für Migrantinnen teilgenommen habe!
Valentina Miglio im November 2019
Kontaktstelle Karlsruhe – Mittlerer Oberrhein