Worauf es beim Berufswechsel ankommt

Marija Madunic

Marija Madunic leitete die Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald seit der Gründung im Jahr 2016 bis Juli 2023 (Foto: Sebastian Seibel)

Die Kontaktstellen Frau und Beruf beraten Umsteigerinnen individuell zu einer neuen beruflichen Perspektive. Marija Madunic, Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald, erläutert, was das bedeutet.

 

Frau Madunic, ein Arbeitsfeld zu wechseln, also in einen anderen Job einzusteigen, ist oft mit vielen Fragezeichen verbunden. Was muss man mitbringen, wenn man umsteigen will? Wie wichtig sind spezifische berufsbezogene Qualifikationen im Verhältnis zu Soft Skills?

Qualifikationen, Soft Skills, Einstellung – meist braucht man von allem etwas. Das hängt ganz entscheidend von der angestrebten Tätigkeit ab. Bestimmte Berufe sind zum Beispiel geschützt – wie medizinische oder Rechtsberufe. Da kommt man um eine umfassende Neuqualifizierung nicht herum.

Grundsätzlich: Wer den Beruf wechseln will, sollte auf jeden Fall Offenheit und Neugier mitbringen und sich fragen: wie sind die Abläufe des neuen Unternehmens, wie wird dort gearbeitet, welche Tools und Verfahren sind gängig. Außerdem spielen Mut und Bereitschaft zur Weiterentwicklung eine wichtige Rolle: Es liegt in der Natur der Sache, dass gerade Quereinsteigerinnen in der Regel nicht zu 100 Prozent auf eine neue Stelle passen – aber das ist heutzutage im Berufsleben ohnehin häufig der Fall.

Daher raten wir zum Perspektivwechsel: „Zu dieser Aufgabe passe ich zu 70 Prozent und was ich nicht kann, bin ich bereit mir anzueignen.“ Spezifische Anpassungs- und Ergänzungsqualifikationen bieten in vielen Fällen die Industrie- und Handelskammern. Unternehmen sind in der Regel gern bereit, Entwicklungsschritte mitzugehen, durch die sich Umsteigerinnen bestimmte fehlende Wissensbausteine aneignen können. Denn motivierte und verlässliche Kollegen und Kolleginnen, die an den Zielen des Unternehmens mitarbeiten, sind immer gefragt.


Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich für den Wechsel in ein anderes Berufsfeld zu qualifizieren, ohne gleich ein Studium oder eine Ausbildung zu machen?

Möglichkeiten gibt es viele. Unter www.fortbildung-bw.de sind beispielsweise über 1.400 staatliche, institutionelle und private Bildungsträger in Baden-Württemberg, wie etwa die IHKs, mit ihren Angeboten gelistet. Und dieser Bereich soll weiter gefördert werden. So hat die Landesregierung mit WEITER.mit.BILDUNG@BW im Jahr 2021 eine neue Weiterbildungsoffensive gestartet, durch die die berufsbezogene Weiterbildung zusammen mit den verschiedenen Weiterbildungspartnern vor Ort in die Fläche getragen und die Weiterbildungseinrichtungen beim Ausbau der Digitalisierung deutlich gestärkt werden soll.

Zunächst sollten Frauen, die beruflich umsatteln wollen, kritisch hinterfragen, wann der richtige Zeitpunkt ist, sich weiter zu qualifizieren: pauschal VOR einem neuen Job, um die grundsätzlichen Arbeitsmarktchancen zu erhöhen oder besteht eventuell auch die Chance, sich MIT dem neuen Beruf weiter zu qualifizieren. So können auch in Absprache mit dem neuen Arbeitgeber erforderliche Fertigkeiten erlernt werden, eben passgenau zur neuen Aufgabe.
Welcher Weg der „richtige“ ist, hängt immer von der individuellen Situation der Frau und der angestrebten Tätigkeit ab. Darauf gehen wir als Kontaktstelle Frau und Beruf in unserer Beratung ein.


Welche Jobs sind im Moment gefragt und bieten sich für Quereinstiege an?

In Zeiten des hohen Fachkräftebedarfs gibt es in allen Bereichen gute Chancen: von der Altenpflegerin über Informatikerin und Mechatronikerin bis zur Zahntechnikerin. Manchmal ist der konkrete Bedarf von Region zu Region verschieden. Wenn Frauen sich beruflich verändern wollen, ist jetzt eine gute Zeit dafür. Mit Blick darauf, dass Frauen leider immer noch von Altersarmut betroffen sind, ermuntern wir Kontaktstellen die Frauen in der Beratung dazu, sich unbedingt mit den so genannten MINT- Berufen zu befassen. In diesen Jobs gibt es einen hohen Bedarf an Personal. Deshalb bieten sich hier gute finanzielle Rahmenbedingungen, effektiv für die eigene Rente vorsorgen zu können.

Man muss immer auf die individuelle Situation schauen und sich fragen: Warum will ich überhaupt wechseln? Muss ich es, weil es meinen Beruf nach meiner Familienphase inzwischen nicht mehr gibt? Oder kann ich meinen gelernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben? Haben sich meine Interessen geändert oder die Rahmenbedingungen, sodass ich beispielsweise nicht mehr im Schichtdienst arbeiten kann? Dann kann man prüfen, für welche Branche sich die eigenen Qualifikationen, Fähigkeiten und Interessen eignen.


Wie können die Kontaktstellen mit ihrer Beratung Frauen unterstützen, die sich beruflich verändern möchten?

In unserer Beratung betrachten wir gemeinsam die individuelle Situation der Frau. Zuerst analysieren wir die Ausgangslage: Werdegang, welche Qualifikationen liegen vor, in welche Richtung soll es beruflich gehen, wie sind die zeitlichen und örtlichen Möglichkeiten und wie kann ein neuer Beruf auch nachhaltig auf die Altersvorsorge einzahlen. Dann entwickeln wir ein Ziel und besprechen, welche Zwischenschritte oder Meilensteine auf dem Weg dorthin wichtig sind. Solche Zwischenschritte können bestimmte Weiterbildungen oder auch Arbeitserfahrung sein. Denn wichtig ist uns die Nachhaltigkeit bei der Beratung: Wie können wir die Frauen unterstützen, die beste und mithin nachhaltige Ausgangslage für ihr weiteres Berufsleben zu schaffen.

Beratung zum Umstieg

Sie planen einen Berufswechsel und wollen sich beraten lassen? Hier finden Sie Ihre Kontaktstelle Frau und Beruf