Frauenförderung als Teil einer neuen Unternehmenskultur

Vielen Unternehmen ist es bereits ein Anliegen, Frauenkarrieren zu fördern, um langfristig genügend Fachkräfte zu gewinnen, die Diversity unter den Beschäftigten zu steigern und so auch den Unternehmenserfolg zu sichern. Dennoch sind Frauen in der Unternehmensspitze noch unterrepräsentiert. Nur jede dritte Führungskraft (Vorstand oder Geschäftsführung) ist weiblich. Wenn, dann führen Frauen meist im unteren oder mittleren Management. Viele Studien belegen, dass neben den vielen wichtigen formalen Förderinstrumenten gerade auch die informelle Ebene innerhalb einer Organisation eine große Rolle für den gleichberechtigten Zugang von Frauen zu Führungspositionen spielt. Frauenförderung gelingt dann am besten, wenn sie ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur ist und kein "Exoten"-Thema bleibt.

Frauen erfolgreich gleiche Karrierechancen zu eröffnen, muss daher ein Teil der allgemeinen Organisationsentwicklung sein auf dem Weg zu einem modernen Unternehmen. Denn eine effektive Unternehmenskultur hilft Organisationen dabei, sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Und davon gibt es einige: sei es der Wertewandel innerhalb der Gesellschaft, der demografische Wandel, die neuen Anforderungen der Gen Z und Y an die Arbeitswelt, die Zuwanderung oder die rasante Wissensproduktion - diese und noch mehr Faktoren stellen aktuell große Herausforderungen an jede Unternehmenskultur.

 

Zwei Hebel moderner Unternehmenskultur

Geschlechterkultur

Wie beim Thema Vielfalt zeigen Studien, dass alleine die Einführung von Programmen zur Förderung von Chancengleichheit nicht automatisch zu mehr Frauen in Führungs- und Spitzenpositionen und zu mehr Chancengerechtigkeit führt. Beim Thema Vielfalt wird durch Studien deutlich, dass allein die Einführung von Programmen zur Förderung von Chancengleichheit nicht zwangsläufig zu einer erhöhten Anzahl von Frauen in Führungspositionen führt oder für mehr Chancengerechtigkeit sorgt.

Der Grund hierfür liegt darin, dass die tatsächlichen Möglichkeiten für berufliche Entwicklung innerhalb eines Unternehmens stark von den verbreiteten Annahmen und Einstellungen zu Frauen und Männern sowie deren vermeintlichen typischen Fähigkeiten und Stärken beeinflusst werden. Diese Einstellungen bilden die Grundlage für die erwarteten Verhaltensweisen und Handlungen der Geschlechter im beruflichen Umfeld. Zusammen bilden diese Annahmen und Erwartungen das, was als Geschlechterkultur bezeichnet wird. Sie ist ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur. 

Aus diesen Einstellungen werden Handlungs- und Erwartungsmuster an die Geschlechter und ihr Verhalten und Potential im beruflichen Kontext abgeleitet. Die Gesamtheit dieser Annahmen und Erwartungen wird auch als Geschlechterkultur bezeichnet. Sie ist ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur.

Je nach Ausprägung dieser Geschlechterkultur sind Frauenkarrieren in Unternehmen einfacher oder schwieriger. Denn die Überzeugungen zu und Erwartungen an die Geschlechter treffen bei Personaleinstellungen oder Karriereschritten auf die - bewussten oder unbewussten - Anforderungen an die jeweils zu besetzende Position.

Ein Beispiel: In vielen Unternehmen wird die Leistungsfähigkeit einer potenziellen Führungskraft am Grad der Anwesenheit oder der Flexibilität gemessen. Da haben Frauen oft das Nachsehen, weil sie in der Realität viel häufiger als Männer den Großteil der Sorgearbeit stemmen und dafür zeitliche und räumliche Flexibilität benötigen. Häufig wird in traditionellen Geschlechterkulturen Frauen von vornherein weniger Interesse an Karriere unterstellt als Männern oder eine geringere Führungskompetenz und Durchsetzungskraft, weil Frauen stereotyp mit Eigenschaften wie fürsorglich oder kooperativ in Verbindung gebracht werden.

 

Führungskräfte als Vorbilder

Führungskräfte haben Vorbildfunktion. Meistens stärker als sie es selbst glauben. Mitarbeitende sehen und erleben ihre Handlungen und Entscheidungen, diskutieren diese oder ahmen sie nach. In Sachen Frauenkarrieren ist deshalb klar: auch hier können Führungskräfte die Unternehmenskultur in zwei Richtungen prägen. Entweder destruktiv, sodass selbst gut angelegte Gleichstellungsstrategien ins Leere laufen oder konstruktiv und konsistent, sodass Frauenkarrieren sogar ohne formelle Programme erfolgreich in die Unternehmenskultur integriert werden.

So verändern Sie die Unternehmenskultur

Auch wenn es nicht von einem auf den anderen Tag gelingen wird - Unternehmenskulturen lassen sich ändern. Veränderungen können auch auf Skepsis und Widerstände stoßen. Bleiben Sie dran - es lohnt sich. Die Kontaktstellen beraten Sie gern. Hier eine Auswahl möglicher Stellschrauben, um die Unternehmenskultur zu mehr Gleichstellung zu verändern.

  • Hinterfragen Sie stereotype Zuweisungen von Aufgaben und Kompetenzen in vermeintlich typisch männlich, typisch weiblich.
  • Wählen oder beurteilen Sie Mitarbeitende strikt nach Leistung und Eignung, unabhängig vom Geschlecht.
  • Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran und achten Sie zum Beispiel darauf, vermeintlich weiblich konnotierte Aufgaben nicht an weibliches Personal zu delegieren, sondern diese selbst zu erledigen oder männlichen Angestellten zu übertragen.
  • Verankern Sie die systematische Suche nach weiblichen Fachkräften in den Zielvereinbarungen der Führungskräfte und honorieren sie das.
  • Nutzen Sie den Strauß der Maßnahmen für Personalentwicklung, um Frauen zu fördern und deren Karrierehemmnisse abzubauen (zum Beispiel Unterstützung bei Kinderbetreuung).
  • Fördern Sie auch Karrieren in Teilzeit, vor allen Dingen auch für Männer als sichtbare Role Models und für die Akzeptanz im Unternehmen.
  • Etablieren Sie Karrierewerkstätten oder Frauen-Netzwerke für den Austausch und das Netzwerken karriereorientierter Frauen.

Hilfreiche Tools und Projekte

Moderne Unternehmenskulturen und Führungsverständnis: Das Corporate Culture Lab

Moderne Unternehmenskulturen unterstützen das Karrierestreben von Frauen. In dem Projekt Corporate Culture Lab hat Fraunhofer IAO im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus zukunftsfähige Unternehmenskulturen untersucht und eine Vision der Unternehmenskultur 4.0 entwickelt. Dabei zeigte sich, dass die Kernbereiche Kollaboration, Wissen und Entwicklung, Chancengleichheit sowie Nachhaltigkeit und Soziales zukunftsfähige Unternehmenskulturen auszeichnen. Unternehmen können auf ihrem Weg zur modernen Unternehmenskultur das in dem Projekt entwickelte kostenfreie digitale Tool Corporate Culture Map einsetzen.

Spitzenfrauen Baden-Württemberg

Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Projekte Spitzenfrauen BW richtet sich explizit an karriereorientierte Frauen und Unternehmen, denen Frauenkarrieren wichtig ist. Hier finden Unternehmen ein eLearning-Modul zu Unternehmenskulturen und zur Strukturierung von Aufstiegswegen.

KMU Gleichstellungscheck

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet einen Selbsttest "KMU-Gleichstellungscheck" an. Damit können vor allem kleine und mittlere Unternehmen schnell und einfach überprüfen, ob sie in Sachen Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zeitgemäß aufgestellt sind. Jeweils fünf Fragen zu Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt und Kommunikation geben Aufschluss, ob Handlungsbedarf besteht. Enthalten sind auch konkrete Handlungsempfehlungen und einfach umzusetzende Anregungen für Verbesserungen.