Erfolgreiche Digitalisierung durch Offenheit und Veränderungsbereitschaft

Kollage mit Fotos vom Digitalgipfel

Eindrücke vom Digitalgipfel BW 2023 (Fotos: Romy Kam; Michael M. Roth, MicialMedia)

„Mit dem Digitalgipfel BW 2023 leisten wir einen Beitrag dazu, dass sich Unternehmen zu den neuesten Technologien austauschen und vernetzen, über Fördermöglichkeiten und aktuelle Trends beim Thema Digitalisierung informieren und dann mit neuen Ideen in die Umsetzung gehen können“, fasste die Wirtschaftsministerin  Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut die Zielsetzung der Veranstaltung zusammen. „Wir wollen, dass Baden-Württemberg auch in Zukunft zu den innovativsten Regionen Europas gehört, gerade bei den Zukunftstechnologien. Dafür stehen die Initiative Wirtschaft 4.0 Baden-Württemberg und der Digitalgipfel Wirtschaft 4.0 Baden-Württemberg.“

Auf vier Bühnen in der Porschearena in Stuttgart sprachen am 22. Juni 120 nationale und internationale Expertinnen und Experten über Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Themen wie Robotik sowie IT-Sicherheit, Green Tech, Metaverse und New Work. Neben Erfolgsgeschichten aus Baden-Württemberg sowie weltweiten Best-Practice-Beispielen ging es auch um Strategien gegen den Fachkräftemangel mithilfe digitaler Innovationen. Trotz schwül-warmen Temperaturen und drohenden Unwetters waren rund 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Spitzenveranstaltung der Initiative Wirtschaft 4.0 dabei.

Die zentrale Botschaft des Digitalgipfels BW 2023 in der Porsche-Arena Stuttgart war klar: digitaler Wandel ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs und Deutschlands und er ist nicht mehr aufzuhalten. Dabei soll Baden-Württemberg nach dem Wunsch der Politik die Wirtschaft von morgen bei den relevanten Technologien der Digitalisierung aktiv mitgestalten und nicht nur anwenden, was anderswo in der Welt entwickelt wurde. Laut Monitoring-Report des Landes zum Stand der Digitalisierung ist Baden-Württemberg dabei auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel.

Die Herausforderungen seien weiterhin groß, betonte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, aber die Chancen noch viel größer. Erfolgreicher digitaler Wandel braucht nicht nur Wissen über konkrete digitale Anwendungsbereiche, Werkzeuge oder Fördermöglichkeiten, wie sie der Digitalgipfel zusammenbringen will. Vor allem seien eine große Portion Mut, Offenheit, neues Denken und Veränderungsbereitschaft in den Unternehmen und bei deren Mitarbeitenden notwendig, um die digitale Transformation zu einer Erfolgsgeschichte für Baden-Württemberg zu machen, betonten Speakerinnen wie die ehemalige Digitalchefin des Vertriebs bei Mercedes-Benz Sabine Scheunert oder Maša Schmidt, Marketing-Chefin bei SAP Deutschland. Oder, wie L-Bank-Chefin Edith Weymayr zusammenfasste: „Es sind die Menschen, die die Dinge treiben – ohne die ist alles nichts.“

Es sind die Menschen, die die Dinge treiben – ohne die ist alles nichts.

Edith Weymayr, Vorstandsvorsitzende L-Bank

Digitalisierung und Diversity

Auch Mina Saidze, Datenanalystin, Gründerin, Autorin und Lobbyistin für mehr Diversität in der Tech-Branche, fordert eine digitale Alphabetisierung der gesamten Gesellschaft: „Ich will nicht in einem Land leben, in dem nur eine kleine Elite Tech kann.“ Außerdem müssen die Technologien dem Menschen dienen, weshalb Innovationen die unterschiedlichen Perspektiven der Gesellschaft brauchen, wie zum Beispiel die von Frauen oder von Menschen mit Migrationsgeschichte.

Wie konkret Technologien wie Künstliche Intelligenz den Menschen nützlich sein und sogar zu mehr Gerechtigkeit und Diversität beitragen können, zeigt die Güglinger Unternehmerin und Verhaltensökonomin Eva-Valérie Gfrerer. Mit Hilfe von KI analysiert sie in ihrem Unternehmen tausende Daten aus dem Netz, um fundiert und ausgewogen zu bewerten, welche Chancen ein Startup hat und ob Gründerinnen oder Gründer für ein Investment in Frage kommen. So soll der Kreislauf durchbrochen werden, dass Investierende zu 90 Prozent in ihrem persönlichen Netzwerk investieren und diese Investitionsentscheidungen zu 50 Prozent dem Bauchgefühl folgen. Da es deutlich mehr männliche Investoren gibt, führen vorhandene Muster dazu, dass Gründerinnen deutlich schwerer an Wagniskapital kommen als ihre männlichen Pendants. Allein in Deutschland entfallen 83 Prozent der Venture-Capital-Deals auf rein männliche Gründungsteams, elf Prozent auf gemischte Teams und nur fünf Prozent auf rein weibliche Gründerinnenteams.

 

Digitalisierung und KI in der Arbeitswelt

Wirtschaftspsychologe Prof. Dr. Jens Nachtwei von der Humboldt-Universität zu Berlin gab Einblicke in eine Pilotstudie mit 1.000 Befragten. Diese sollten die Auswirkungen von KI auf ihre Arbeitswelt einschätzen. Demnach haben nur 19 Prozent extreme Angst vor dem Einzug von KI in ihren Arbeitsalltag, während 31 Prozent große Hoffnungen in KI für die Arbeitswelt setzen. 24 Prozent denken, dass sie durch den Einsatz von konkreten KI-Tools effektiver sein werden, weil sie zum Beispiel von verschiedenen Routine-Aufgaben entlastet würden.

Nachtweis Team hat den Fragebogen inzwischen weiterentwickelt und stellt ihn nun Unternehmen zur Verfügung, damit diese künftig regelmäßig das Stimmungsbild in der Belegschaft rund um Digitalisierung in der Arbeitswelt abfragen können. Weitere Informationen dazu finden Interessierte auf der Webseite von Prof. Nachtweis Institut.

Für den baden-württembergischen DGB-Vorsitzenden Kai Burmeister sollten die Beschäftigten sogar zum Ausgangspunkt jeder Digitalisierungsstrategie in den Unternehmen werden. Denn nur wenn die Mitarbeitenden von Anfang an in die digitale Transformation einbezogen, weitergebildet werden und mitgestalten dürfen, ließen sich die vorhandenen Ängste abbauen. Hilfreich könnte dabei eine Art Technologie-Beratungsstelle der Politik für Unternehmen, Betriebsräte und Mitarbeitende sein.

Worauf müssen wir als Gesellschaft oder auch Unternehmen konkret achten, wenn wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Praxis für die digitale Transformation erfolgreich vorbereiten und weiterbilden wollen? Wie packen wir’s am besten an? Da waren sich Prof. Dr. Stefan Detscher von der HWU Nürtingen-Geislingen und Dirk Werner vom Institut der deutschen Wirtschaft einig: wir brauchen vor allem wissenschaftlich fundierte, aktuelle und qualitativ hochwertige Lerninhalte und Tools sowie eine neue Einstellung, dass Lernen gelebter Alltag sein muss. Hinsichtlich der Lernformate betonte Stefan Detscher zudem, dass es sich lohne zu differenzieren und die gesamte Breite des hybriden Lernens auszuschöpfen.

Seiner Meinung nach lassen sich spezielle technische Inhalte sehr gut digital vermitteln, unter anderem mit Ansätzen der Gamification. Inhalte zu unternehmenskulturellen Fragen der Digitalisierung und zur persönlichen Einstellung hingegen lassen sich laut Detschers Untersuchungen am besten in Präsenz vermitteln.

Dirk Werner sieht in hochwertigen Lernangeboten, die individuell auf die Bedarfe der verschiedenen Branchen zugeschnitten sind und einem Methodenmix aus Selbstlernen, Lernen in der Gruppe und Praxisprojekten auch die große Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dieser betrifft vor allem die IT insgesamt, aber auch digitale Metall- und Elektroberufe und Digitalisierungsberufe allgemein.

Das vom Bund geförderte Projekt "Netzwerk Q 4.0" zeigt für ihn eindrucksvoll, wie all diese Anforderungen an moderne Wissensvermittlung umgesetzt werden können. Das Netz­werk Q unter­stützt Un­ter­neh­men mit Be­ra­tung, Ver­net­zung und Qua­li­fi­zie­rung von Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­chen. Über eine Datenbank können diese aus einer breiten Palette an Weiterbildungsangeboten zu Fachthemen (IT, Metall & Elektro, Textil), aber auch zu übergeordneten Themen wie Tools, digitale Technologien allgemein, Nachhaltigkeit oder Soft Skills für Ausbildende wählen: Additive Fertigung live erleben oder lernen, wie man Lernvideos selbst erstellt? Kein Problem beim Netzwerk Q 4.0.

 

Über die Initiative Wirtschaft 4.0 (IW4.0)

Der Digitalgipfel BW 2023 ist die zentrale Spitzenveranstaltung der Initiative Wirtschaft 4.0 Baden-Württemberg. Die „Initiative Wirtschaft 4.0“ (IW 4.0) wurde im Jahr 2017 von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut ins Leben gerufen und bündelt branchenübergreifend Aktivitäten im Bereich Wirtschaft 4.0. In der Zwischenzeit arbeitet das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit 35 Partnern aus Verbänden, Wirtschaftsorganisationen, wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Kammern gemeinsam daran, Digitalisierungsmaßnahmen und -initiativen möglichst praxisorientiert auszugestalten. Gemeinsames Ziel aller Partner der IW 4.0 ist es, die Digitalisierung der Wirtschaft in Baden-Württemberg, insbesondere im Hinblick auf kleine und mittlere Unternehmen, branchenübergreifend und in der gesamten Fläche des Landes voranzutreiben. Hierzu wurden seit 2017 Projekte und Maßnahmen mit einem Umfang von rund einer halben Milliarde Euro bewilligt. Die IW4.0 stellt einen zentralen Baustein der ressortübergreifenden Digitalisierungsstrategie des Landes digital.LÄND (www.digital-laend.de) dar.

Weiterführende Links:

Initiative Wirtschaft 4.0

Webseite Digitalgipfel BW 2023

Netzwerk Q 4.0

Die Fotos vom Digitalgipfel 2023 finden Sie in der Mediathek des Wirtschaftsministeriums unter: t1p.de/yv6qt