Quereinstieg in die IT-Branche: Über den Unterschied von Algorithmen u

Kollage von Hunden und Wölfen

Beispiel von Versagen einer KI: Eine Künstliche Intelligenz, die mit Wölfen im grünen Wald und Huskies im Schnee trainiert wird, erkennt keinen Wolf im Schnee.

Dass sich ein Quereinstieg in die IT lohnt und wo die aktuellen Herausforderungen liegen in einer Zeit, die von Diskussionen um Chat-GPT und künstliche Intelligenz (KI) beherrscht wird, zeigte eine Veranstaltung der Kontaktstellen Frau und Beruf am 12. Juli. Über 100 Personen nahmen an der Online-Veranstaltung teil, um mehr über die Frage zu erfahren, "wie Algorithmen und KI unser Leben beeinflussen und was wir darüber wissen sollten".

Nach einer Einführung von Birgit Buschmann, Leiterin des Referats Wirtschaft und Gleichstellung im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, die auf die attraktiven Einstiegschancen für Frauen in der IT hinwies, lieferten drei Referentinnen spannende Impulse. Buschmann zitierte eine Studie des Bitkom, die bereits für das Jahr 2022 einen Fachkräftemangel von 137.000 IT-Experten in Deutschland feststellte.

Dieser Fachkräftemangel wird sich zukünftig noch weiter verschärfen, insbesondere wenn die Babyboomer-Generation in den Ruhestand geht. Für Frauen eröffnet sich damit eine große Chance, in attraktive IT-Berufe einzusteigen.

Stefanie Huber, Vertreterin der Digital Media Women Bodensee-Oberschwaben, forderte am Ende der Einführung, dass der digitale Wandel gemeinsam mit den Frauen stattfinden muss und nicht nur mit der (anderen) Hälfte der Bevölkerung.

 

Keine Angst vor Algorithmen

Den Auftakt der drei folgenden Impulse machte Manuela Rukavina, Soziologin und Coach, deren Hauptziel es war, den Anwesenden die Angst vor Algorithmen und KI zu nehmen und sie dazu anzuregen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mithilfe vieler praktischer Beispiele erklärte sie den Unterschied zwischen Algorithmen und künstlicher Intelligenz und ordnete Begriffe wie KI, maschinelles Lernen, Deep Learning und neuronale Netze ein. Dabei wurde schnell klar, dass wir bereits heute mit einer Vielzahl von KI-Anwendungen konfrontiert sind, sei es beim Online-Shopping oder bei der Nutzung von Google Maps - oft, ohne es uns bewusst zu machen.

Rukavina betonte, dass  Algorithmen viele "wunderbare" Errungenschaften hervorgebracht haben, wie zum Beispiel Anwendungen in der Medizin, die Hautkrebs zuverlässiger als Menschen erkennen.

Kritisch sieht sie jedoch den Einsatz von KI-Anwendungen, wenn die Datengrundlage unzureichend ist. Wenn beispielsweise nur Daten von Männern als Basis für medizinische Software verwendet werden, obwohl die Symptome bei Frauen anders verlaufen.

Hier sieht Rukavina die Gesellschaft in der Verantwortung. Insbesondere Frauen sollten sich stärker in die Entwicklung von KI-Anwendungen einbringen, um Diskriminierung und Geschlechterbias zu vermeiden. Frauen sollten die Chancen in den neuen Entwicklungen erkennen, offen für Veränderungen sein und vor allem: daran teilhaben wollen.

 

Exkurs: Hund oder Wolf?

In einem Exkurs verdeutlichte Rukavina anschaulich, wie KI falsche Ergebnisse liefern kann, wenn die Datenbasis einseitig ist. Als Beispiel nennt sie eine KI-Anwendung, die mit Fotos von Huskies und Wölfen trainiert wurde. Dabei wurde vernachlässigt, dass die Huskies hauptsächlich im Schnee fotografiert wurden, während die Wölfe im Wald abgelichtet waren. Dies führte zu falschen Ergebnissen, da die KI den Hintergrund, ob Schnee oder Wald, bei der Identifizierung des Tiers mitbewertete. Ein Husky im Wald wurde daher schlecht erkannt.

 

KI-Tipps für Stellensuchende

Roanne Yee, Talent Acquisition Lead bei der Firma Liebscher & Bracht, präsentierte anschließend den praktischen Einsatz von KI im Bewerbungsprozess. Wie bei vielen anderen Unternehmen (89% nutzen bereits KI im Recruiting) werden auch in ihrer Firma Bewerbungen mithilfe von KI bearbeitet. Etwa 400 Bewerbungen pro Monat durchlaufen diesen Prozess. Dies spart etwa 35 Prozent der Arbeitszeit bei der Auswahl der Bewerbenden und bietet gleichzeitig Vorteile für die Stellensuchenden, da die KI Qualifikationen objektiver bewertet und weniger von Sympathien beeinflusst wird.

Yee empfahl verschiedene KI-Tools, die Stellensuchenden bei ihrer Bewerbung unterstützen können, wie zum Beispiel Kickresume, das den Lebenslauf vorteilhaft darstellt und auf die ausgeschriebene Stelle abstimmt. Auch Truffls, eine von einer Berliner Firma entwickelte Jobsuche-App, die ähnlich wie Tinder funktioniert und Jobs nach bestimmten Kriterien filtert und aussortiert, wurde empfohlen. Für das perfekte Bewerbungsfoto verweist Yee auf Secta, das nach dem Hochladen von 25 Selfies ein optimales Bewerbungsfoto generiert. Darüber hinaus kann auch Chat-GPT wertvolle Dienste beim Formulieren von Anschreiben leisten. Yee empfahl jedoch, die Systeme nur mit anonymen Daten zu verwenden, um den Datenschutz zu wahren.

 

IT-Quereinstiegerinnen gefragt

Julia Loza Roger, Leiterin des Bechtle Quereinsteigenden-Programms "Future in IT" (FIT), referierte über den Quereinstieg in die IT. Da der IT-Fachkräftemangel in Deutschland immer größer wird, hat das Unternehmen Bechtle, eine der umsatzstärksten IT-Firmen Deutschlands, ein Programm für Quereisteigerinnen aufgelegt. Das Programm wurde entwickelt, um gezielt Personen aus anderen Branchen für IT-Berufe zu gewinnen und zu qualifizieren. Gleichzeitig soll die Vielfalt in den Bechtle-Teams erhöht und die Marke Bechtle positiv aufgeladen werden.

Die Teilnehmerinnen des Programms "Future in IT" durchlaufen während fünf Monaten verschiedene Stationen, darunter eine Hochschule, die firmeneigene Akademie und das Unternehmen selbst. Insgesamt konnten bereits über 50 neue Mitarbeiterinnen gewonnen werden. Das Feedback der Absolventinnen ist äußerst positiv: "Während des Programms sind wir wie eine Familie geworden", resümierte eine Teilnehmerin, die aus der Medienbranche kam und nun als Junior Cloud Consultant bei Bechtle arbeitet. Andere neue Kolleginnen waren vor ihrem Einstieg in die IT-Branche als Dolmetscherinnen, in der Physiotherapie oder in der Medizintechnik tätig.

 

Hintergrundinformationen zur Veranstaltung

 

Die Veranstaltung „100 Minuten IT“ – Recruiting heute und die Chancen für einen Quereinstieg in die IT. Wie Algorithmen und KI unser Leben bestimmen" war die zweite Ausgabe des Formates "100 Minuten IT" der Kontaktstellen Frau und Beruf. Moderation: Inge Zimmermann, Leiterin der Kontaktstelle Stuttgart – Region Stuttgart.

 

 

Video: Eine IT-Quereinsteigerin kommt zu Wort