Zur partnerschaftlichen Aufteilung von Care-Arbeit in der Familie gehören beide Elternteile. Während die Bedürfnisse von Frauen bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den letzten Jahren intensiv erforscht wurden, ist die Situation der Väter bisher wenig bekannt. Der Internationale Tag der Familie ist ein guter Anlass, dies in den Blick zu nehmen.
Welche Herausforderungen und Wünsche zur Vereinbarkeit haben die Väter im beruflichen Alltag? Was hindert sie, mehr Familienarbeit zu übernehmen? Und: Was bieten die Unternehmen den Vätern konkret an? Eine Studie der Prognos AG gibt nun Antworten auf die Frage „Wie väterfreundlich ist die Wirtschaft? (PDF)“.
Eines der wichtigsten Ergebnisse vorweg: Väterfreundlichkeit von Unternehmen trägt zur Fachkräftesicherung bei, weil Männer, die mit ihren Bedürfnissen als Väter wahrgenommen werden, zufriedener sind und seltener das Unternehmen wechseln. Auf der anderen Seite stehen 450.000 Väter in Deutschland, die schon einmal den Arbeitgebenden zugunsten einer besseren Vereinbarkeit gewechselt haben. Mehr als 1,7 Millionen Väter denken zuweilen darüber nach.
Diese hohe Wechselbereitschaft sollte Personalverantwortliche aufhorchen lassen, da sie ein hohes Unternehmensrisiko darstellt.
Die gängigen zwei Monate Väterzeit zu genehmigen, reicht hier nicht aus. Unternehmen müssen sich laut der Studie mehr um eine väterbewusste Unternehmenskultur bemühen und die Anliegen der Väter in puncto Vereinbarkeit thematisieren und ernst nehmen.
Potenziale zur Verbesserung der Väterfreundlichkeit liegen laut der Studie in den Bereichen der Kommunikation und der Unternehmenskultur – also weniger bei den vereinbarkeitsfördernden Personalmaßnahmen, die in vielen Betrieben schon vorhanden sind.
Folgende Fragen sind demnach in den Unternehmen zu stellen:
- Wird Väterfreundlichkeit gelebt oder herrschen Rollenbilder vor, die es den Männern erschweren, ihre Wünsche nach mehr Vereinbarkeit zu äußern?
- Wird im Unternehmen Rücksicht auf Väter mit familiären Verpflichtungen genommen (zum Beispiel bei Terminvereinbarungen)?
- Leben Führungskräfte die partnerschaftliche Verteilung der Arbeit in den Familien vor?
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie
Um die Sicht der Unternehmen zu erfassen wurden 600 Personalverantwortliche/ Geschäftsführungen repräsentativ befragt. Gleichzeitig ermittelte die Studie die Perspektive von 1.000 erwerbstätigen Vätern mit minderjährigen Kindern. Beide Befragungen wurden im Sommer 2022 durchgeführt. Hier einige interessante Ergebnisse aus der Studie:
- Väter wollen weniger arbeiten
Weniger als die Hälfte der befragten Väter (44 %) ist zufrieden mit der Arbeitszeit. 40 Prozent der Väter würden gerne zu gunsten ihrer Familien weniger arbeiten, 46 Prozent möchten weniger Überstunden machen. Und jeder dritte Vater würde gerne sowohl Überstunden als auch die Arbeitszeit reduzieren.
- Väter wollen flexibler arbeiten
Drei von vier Vätern (74 %) legen Wert auf Flexibilität bei der Arbeitszeit.
- Väter wechseln den Arbeitgebenden zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf
30 Prozent der Väter unter 40 Jahren geben an, schon einmal den Arbeitgebenden wegen der Vereinbarkeit gewechselt zu haben.
- Längere Elternzeiten bleiben eine Seltenheit
Eine Väterzeit von mehr als zwei Monaten ist in fast allen Unternehmen eine Seltenheit. Nur eine kleine Minderheit von Unternehmen (8 %) gibt an, dass fast alle Väter, die eine Auszeit für die Familie nehmen, mehr als zwei Partnermonate nutzen.
- Negative Kommentare zu Vätern in Elternzeit
Ein knappes Drittel der befragten Väter berichtet von negativen oder abfälligen Kommentaren von ihrer Führungskraft. Immerhin 16 Prozent der Väter wurden sogar unter Druck gesetzt, kürzer in Elternzeit zu gehen, als sie geplant hatten. Gleichzeitig geben fast 60 Prozent der Väter an, keine negativen Erfahrungen gemacht zu haben.
- Väterfreundlichkeit von Unternehmen wird unterschiedlich gesehen:
Während sich die Unternehmen selbst überwiegend (63 %) für „sehr väterfreundlich“ halten, weicht die Einschätzung der Väter davon ab: Nur 38 Prozent bewerten ihre Unternehmen so.
- Was wissen Väter über familienbewusste Maßnahmen in ihrer Firma?
15 Prozent der Väter wissen nicht, ob ihr Unternehmen Teilzeit anbietet. Fast ein Viertel weiß nicht, ob es Teilzeitmodelle für Führungskräfte gibt.
- Vereinbarkeitsthemen werden vor allem an Mütter gerichtet
25 Prozent der Väter geben an, die Kommunikation familienbewusster Maßnahmen richte sich überwiegend bzw. ausschließlich an Mütter. Fast jeder vierte Vater bestätigt, dass es in seinem Unternehmen überhaupt keine Kommunikation zu familienbewussten Angeboten gebe.
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in Personalgesprächen mit Vätern kein Thema
Jeder zweite Vater in der Studie sagt aus, dass das Thema Vereinbarkeit kein regelmäßiger Inhalt seines Jahresgesprächs sei.
- Vereinbarkeit und Vorgesetzte
Fast ein Viertel der Väter beurteilt die Unterstützung bei der Vereinbarkeit durch ihre Vorgesetzten kritisch. Vorgesetzte würden es allenfalls hinnehmen, stärker engagierte Väter hätten aber häufig Sorge um ihr berufliches Fortkommen. Teilweise würde sogar versucht, Väter aktiv von ihrem erhöhten Engagement in der Familie abzubringen.
Fazit
In den Unternehmen gibt es noch einiges zu tun, um das Thema „Väterfreundlichkeit“ zu verankern und aktiv zu leben. Der Internationale Tag der Familie ist ein guter Anlass dafür. Die Unternehmen sind dabei gefordert, ihre Unternehmenskultur väterfreundlicher zu gestalten und die Kommunikation mit den Männern zu verbessern. Ansonsten droht ihnen die Abwanderung von Vätern in familienbewusstere Unternehmen.
Quelle: Prognos-Studie
Zusatzinformationen
Laut einer Studie des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben "Vätermonate" einen entscheidenden Einfluß auf die Karriere der Mütter. Pauschal lässt sich sagen: Je länger die Elternzeit der Väter ist, desto schneller erfolgt der berufliche Wiedereinstieg der Mütter nach der Geburt des eigenen Kindes. Mit einer längeren Väterzeit bringen Unternehmen also auch die Frauen wieder schneller in Arbeit, was sich positiv auf die Abmilderung des Fachkräftemangels auswirkt.