Gleichstellung als Wettbewerbsfaktor in Baden-Württemberg und der EU

Fotos: Bensegger/ Rabus. Kollage: Kam

Aus zehn europäischen Regionen - von Lappland bis Spanien - sind sie angereist: Vertreterinnen des "EU-INTERREG-DEBUTING-Projekt" haben sich Ende Januar im Haus der Wirtschaft in Stuttgart getroffen, um sich über das Thema Gleichstellung und Clusterpolitik auszutauschen. Gastgeber waren das Wirtschaftsministerium und die RegioClusterAgentur für Innovation und Transformation in Baden-Württemberg. Das Wirtschaftsministerium stellte den Standort Baden-Württemberg vor sowie Initiativen und Best-Practice-Projekte, die die Gleichstellung der Frauen im Land vorantreiben. Die RegioClusterAgentur präsentierte Best Practices aus der baden-württembergischen Clusterpolitik und der Regionalen Wirtschafts- und Innovationspolitik.

 

Das Projekt

Europaweit fällt es kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) oft schwer, eine chancengleiche und vielfältige Unternehmenskultur umzusetzen und vorzuleben. Gleichzeitig leiden die Unternehmen unter enormen Fachkräfteengpässen, die durch den demographischen Wandel noch verstärkt werden. Hier setzt das EU-INTERREG „DEBUTING“-Projekt an, in dem zahlreiche EU-Länder zusammenarbeiten. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, wie es gelingt, „Chancengleichheit und Vielfalt in der Wirtschaft“ stärker in der Innovations- und Clusterpolitik zu verankern. Ziel des Projektes ist, gerade kleine und mittlere Unternehmen in der Erhaltung und Steigerung ihrer Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen und sie in der Bewältigung der großen Transformationsaufgaben unserer Zeit zu stärken. Durch die verschiedenen europäischen Projekte werden Clusterinitiativen, Landesagenturen, Forschungseinrichtungen, Wirtschaftsförderungen und weitere öffentliche und private Institutionen besser vernetzt.

 

Wirtschaftsministerin: "Ein besonderes Projekt"

Die Kooperation mit anderen europäischen Regionen, lobt die Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, habe in unserem Land eine lange Tradition. Das EU-DEBUTING-Projekt sei ein besonderes Projekt, mit dem versucht werde, die Innovations- und Clusterpolitik mit der Gleichstellungspolitik enger zu verknüpfen.

„Eine moderne Arbeitswelt und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die Voraussetzungen dafür, dass Frauen in Baden-Württemberg noch besser gemäß ihrer Qualifikation und möglichst vollzeitnah erwerbstätig sein können und eine Karriere – auch mit Familienverpflichtungen – möglich ist. Vielfältige Beschäftigungsmodelle, New Work, mobiles Arbeiten und die Nutzung des digitalen Fortschritts am Arbeitsplatz sind wertvolle Instrumente dazu“, ist Hoffmeister-Kraut überzeugt. Im EU-INTERREG „DEBUTING“-Projekt sieht sie eine Chance, dass durch den Austausch „guter Praktiken“ Impulse für innovative Handlungsansätze entstehen. „Wir können zu neuen Erkenntnissen gelangen, indem wir von den Erfahrungen der anderen Regionen profitieren und von ihren Best Practices inspiriert werden. Eine Win-Win-Situation für alle“, so Hoffmeister-Kraut.

Ich bin zuversichtlich, dass sich durch das EU-DEBUTING-Projekt neue Wege und Möglichkeiten für unsere Stakeholder und KMU wie auch für Frauen und die Fachkräftesicherung eröffnen!

Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut

Der Standort Baden-Württemberg

Dass Baden-Württemberg mit seinen vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) eine spezielle Struktur aufweist, erklärt Thomas Schwara, Referatsleiter Standort Baden-Württemberg im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus BW, den interessierten Gästen. Gleichzeitig gäbe es im Land eine gewachsene und intensive Zusammenarbeit von Universitäten, Hochschulen und privaten Unternehmen.

Sehr interessiert ist das internationale Publikum an der Arbeit der RegioClusterAgentur BW, die Regionen in Baden-Württemberg dabei unterstützt, sich Innovations- und Transformationsherausforderungen erfolgreich zu stellen. Hierfür werden regionale Daten beispielsweise zu Größe und Branchen der Unternehmen analysiert und darauf aufbauend passgenaue Unterstützungsangebote für die regionalen Intermediäre und Clusterinitiativen erarbeitet.

Auch die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Mannheim Zahra Deilami stößt auf großes Interesse bei den Gästen aus der Ferne. Deilami hat den Beitritt der Stadt Mannheim zur Europaen Gender Equality Charta vorangetrieben. Mit ihrem Team hat sie einen Gleichstellungsaktionsplan für die Stadt Mannheim entwickelt. Schwerpunktmäßig wird in Mannheim aktuell die Frage diskutiert, wie hochqualifizierte Frauen mit Migrationsgeschichte besser in den Arbeitsmarkt integriert werden können

 

Durch Gleichstellung Fachkräfte sichern

Über die Gleichstellungsstrategie, die in Baden-Württemberg ressortübergreifend als Querschnittsaufgabe angegangen wird, berichtet Dr. Birgit Buschmann, Leiterin Referat Wirtschaft und Gleichstellung im Wirtschaftsministerium. 

Frauen verdienten im Schnitt in Baden-Württemberg 22 Prozent weniger als Männer, was unter anderem daran liegt, dass weniger Frauen in den gut bezahlten technischen und IT-Berufen arbeiteten und weniger Frauen Führungspositionen besetzen. 

Gerade im MINT-Bereich sieht die Referatsleiterin noch viel Entwicklungsbedarf: Obwohl mehr Mädchen in Baden-Württemberg Abitur machen als Jungen, machen sie in den (gut bezahlten) MINT-Studienfächern nur 33 Prozent aus.

 Alte Muster in der beruflichen Arbeitswelt müssten aufgebrochen werden, um die Fachkräftepotentiale der Frauen zu erschließen, fordert Buschmann. Vollzeitnahe Beschäftigung, bessere Integration von Migrantinnen und die Förderung von Gründerinnen seien Ziele der Gleichstellungsbestrebungen in Baden-Württemberg. 

Beeindruckt sind die internationalen Gäste von den vielen konkreten Maßnahmen, die das Wirtschaftsministerium fördert wie die Kontaktstellen Frau und Beruf, die Frauenwirtschaftstagespitzenfrauen-bw.demint-frauen-bw.defamilyNETGirls digital camps
Weitere Projekte finden Sie hier.

 Alte Muster in der beruflichen Arbeitswelt müssen aufgebrochen werden, um die Fachkräftepotentiale der Frauen zu erschließen.

Birgit Buschmann, Leiterin Referat Wirtschaft und Gleichstellung im Wirtschaftsministerium

Best Practice in Baden-Württemberg

Mit familyNet BW und Spitzenfrauen BW werden zwei Projekte vorgestellt, die vom Wirtschaftsministerium gefördert werden, mit dem Ziel, die Gleichstellung in Baden-Württemberg voranzutreiben.

Familynet-BW setzt sich für zukunftsweisende und nachhaltige Konzepte für eine moderne Unternehmenskultur vor dem Hintergrund der Fachkräftegewinnung und Fachkräftesicherung ein. Der landesweite Wettbewerb „familyNET 4.0“ stellt moderne, innovative und digitale Lösungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Mittelpunkt. Er bietet eine Plattform für den Austausch von Best Practices und die Vernetzung von Unternehmen und würdigt ihr Engagement. Im Jahr 2024 wird schon der sechste Award vergeben. 

Spitzenfrauen-bw.de ist eine Plattform, auf der Frauen in Führungspositionen vorgestellt und über Events, Seminare und exklusive Treffen vernetzt werden. Die Porträts von Spitzenfrauen zeigen die Vielfalt von Frauenkarrieren in Baden-Württemberg und ermutigen andere Frauen, sich für eine Karriere zu entscheiden, Aufstiegskompetenzen zu entwickeln und sich eigene Karriereperspektiven zu erschließen. Außerdem werden auch Frauen portraitiert, die in den Zukunftsthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung zentrale Positionen in ihren Unternehmen besetzen und damit als Rollenvorbilder fungieren. So soll sichtbar werden, welchen Beitrag Frauen in diesen aktuellen Handlungsfeldern für die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen leisten.

Wir sind überrascht von der Fülle und Tiefe der Maßnahmen und Instrumente, die in Baden-Württemberg zur Gleichstellung eingesetzt werden.

Lucia Seel, Projektmanagerin DEBUTING, Region Värmland, Schweden

Beiträge aus Schweden und Finnland

Neben den Beiträgen aus Baden-Württemberg konnten die Teilnehmenden auch Einblicke in zwei Best Practices aus den Partnerregionen Lappland/Finnland zum Thema „Lapland Entrepreneurial Strategy“ sowie aus Värmland/Schweden zum Thema „Initiative Attraktionskraft Värmland“ gewinnen.

 

Fazit 

Das EU-Projekt "Debuting” hat es sich zum Ziel gemacht, zu verdeutlichen, dass Gleichstellung ein relevanter gesellschaftlicher Treiber im Arbeitsmarkt der Zukunft ist und eine integrative Unternehmenskultur die Grundlage bildet, um dem drohenden Arbeitskräftemangel effektiv zu begegnen. Die intensive Zusammenarbeit und der Austausch der verschiedenen Regionen ermöglichen einen Erfahrungsaustausch, der die Gleichstellung europaweit voranbringt.

 

Weitere Informationen

 

Die RegioClusterAgentur für Innovation und Transformation Baden-Württemberg ist der deutsche Projektpartner in diesem INTERREG EUROPE-Projekt. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg nimmt als „Observer“ in einer politisch-strategischen Rolle teil. 

"DEBUTING" wird hergeleitet aus Developing Business Through Inclusiveness and Gender awareness - New Cluster Competence”.

Das EU-DEBUTING-Projekt läuft unter dem Dach des INTERREG Europe Programms, mit welchem die Europäische Union grenzübergreifende Kooperationen zwischen den Regionen verschiedener EU-Mitgliedsstaaten fördert.

Was ist INTERREG?  

INTERREG, oder wie es offiziell heißt, die „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union. Seit mehr als 30 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen, zum Beispiel zu Energie und Klimawandel, Umwelt- und Ressourcenschutz, beim Arbeitsmarkt und sozialen Themen oder im Verkehr. INTERREG wird in vier Schwerpunkten (sogenannten Aktionsbereichen) umgesetzt.