Da ist sie wieder, die viel zitierte „Win-Win-Situation“. Es mag sein, dass sich die Gewinner-Waagschale deutlich mehr in Richtung der Mentee Liliana-Crina Pantir (Jahrgang 1979) neigt. Aber für deren Mentorin Dr. Oana Krichbaum (Jahrgang 1967) kommt beim Mentorinnenprogramm der Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald auch etwas heraus. Eine Sinnhaftigkeit.
Was ich im Ehrenamt mache ist sehr greifbar. Es ist einfach schön, wenn man sieht, dass man helfen kann
Dr. Oana Krichbaum betreut bereits zum zweiten Mal eine Frau mit Migrationshintergrund. Und dazu noch eine Landsfrau. Was für sie schon auch eine besondere Bedeutung hat.
Liliana-Crina Pantir, die seit 2015 in Deutschland lebt – erst in Ulm und seit vergangenem Sommer nun in Pforzheim – weiß: In Gegenwart von Dr. Oana Krichbaum braucht sie sich nicht in Punkto überschwängliche Gefühle und Offenheit zurückhalten. „Wir Rumänen sind herzlich, offen, ehrlich, gastfreundlich“, fasst Dr. Oana Krichbaum die Mentalität ihre Landsleute zusammen. „Ich will unbedingt gut sprechen“, sagt Liliana-Crina Pantir, die sich zunächst in Deutschland mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, aber immer den Traum träumte, in ihrem eigentlichen Beruf der Juristin mit Master-Abschluss arbeiten zu können. „Ich mag das. Und ich mag Menschen und alles, was korrekt ist.“
Auch diesbezüglich passen die beiden Frauen perfekt: Auch Dr. Oana Krichbaum hat Jura in Rumänien studiert und arbeitet überwiegend als juristische Beraterin für rumänische Firmen in einer Wirtschaftskanzlei.
Als Mentorin hat Dr. Oana Krichbaum ihrer Mentee dann aber gleich diesen beruflichen Zahn ziehen müssen. „Dazu ist das Sprachniveau nicht ausreichend.“ Sie fügt hinzu: „Und man müsste noch ein weiteres Studium zu machen. Aber um noch mal ganz neu anzufangen ist sie zu alt.“ Kein Drumherum-Reden - Liliana-Crina Pantir schluckt zwar, ist aber froh über die Ehrlichkeit und schließt sich dieser Ansicht an. „Wir müssen etwas finden für diese intelligente Frau, etwas, was ihren Fähigkeiten entspricht und machbar ist“, sagt Dr. Oana Krichbaum. Die es im Übrigen bewundernswert findet, dass Liliana-Crina Pantir Deutschland zu ihrer zweiten Heimat machen will. „Es lohnt sich, diese Frauen zu unterstützen“, davon ist sie generell in Bezug auf das Mentorinnenprogramm überzeugt. Zumal sie die positive Energie und Motivation ihrer Mentee deutlich spürt. Und ja auch am eigenen Leib (2009) erfahren hat, wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen. Von ihrer Mentee weiß sie, dass diese aus „einer der schönsten Gegenden Rumäniens“ kommt – aus Cheile Bicazului. „Wunderbare Natur.“
Liliana-Crina Pantir hat sich nach ihrer Ankunft in Pforzheim um eine Arbeit bemüht und zwar eine Absage erhalten, aber auch den für sie wichtigen Hinweis, sich doch an unter dem Dach der IHK Nordschwarzwald angesiedelte Kontaktstelle Frau und Beruf zu melden. Das war der Beginn einer für sie fruchtbaren Beziehung.
Mit einer Mentorin, von der Liliana-Crina Pantir sagt, dass sie „mein Vorbild“ ist. Da hat die Kontaktstellenleiterin Marija Madunic den richtigen Riecher gehabt, der es wichtig war, dass eine berufliche Orientierung angegangen wird. „Das erschien mir am wahrscheinlichsten, wenn Frau Pantir eine Mentorin bekommt, welche ein Verständnis für die Inhalte des Studiums hat, den beruflichen Werdegang im Herkunftsland versteht, sehr gut vor Ort vernetzt ist und die Anforderungen des regionalen Arbeitsmarktes kennt“, so Marija Madunic.
Volltreffer. Derzeit befindet sich das Tandem Krichbaum-Pantir noch in der Sondierungsphase. „Ich muss mir erst mal den Lebenslauf anschauen“, schildert die Mentorin Krichbaum die Aufgabe, die nun als Erstes ansteht. „Dabei kommt man dan auf neue Ideen. Vielleicht etwas in Richtung Buchhaltung? Ein Steuerbüro?“, denkt sie laut nach.
Liliana-Crina Pantir sagt nicht nur über ihre Kontakte zu Deutschen, dass „das eben Zeit und Geduld“ braucht. Durchhaltevermögen ist auch auf dem Weg in die Arbeitswelt von Nöten. „Ich habe sofort verstanden, dass ich Hilfe brauche.“ Für sie steht fest: Deutschland soll ihre Heimat werden. Sie möchte, sagt Liliana-Crina Pantir, „keinen Schritt mehr zurück“ gehen. „Zusammenhalt ist ganz wichtig, wir unterstützen uns gegenseitig“, sagt Dr. Oana Krichbaum. Beim ersten, nach langer Zeit wieder in Präsenz geplanten, Treffen hat Liliana-Crina Pantir dann auch die erste Mentee ihrer Mentorin Corina Floricel kennen gelernt. So schließt sich der Kreis.
Das Mentorinnen-Programm bei der Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald bringt im sechsten Jahr Mentorinnen und Mentees zusammen. Die Mentorin bringt als erfahrene Person ihr fachliches Wissen und ihre Erfahrung ein, die den Mentees wiederum auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt oder bei einer beruflichen Veränderung nützlich sind. Über einen längeren Zeitraum – von März bis November – stehen die Mentorinnen mit Rat und manchmal auch mit Tat zur Seite.
Die Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald ist ein Teil des Landesprogramms Kontaktstellen Frau und Beruf Baden-Württemberg. Sie wird wesentlich vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert. Von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald wird sie getragen und mitfinanziert. Zielsetzungen des Landesprogramms Kontaktstellen Frau und Beruf sind die Erschließung des Fachkräftepotenzials von Frauen für die Wirtschaft, die Gleichstellung von Frauen im Berufsleben sowie die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.
Mentorin Dr. Oana Krichbaum (links) und Mentee Liliana-Crina Pantir (rechts)