Dorothea Gädeke und Selene González

Von Zusammenarbeit, Freundschaft und beruflicher Entwicklung

Selene González kam mit dem Ziel nach Deutschland, hier beruflich Fuß zu fassen. "Mir war klar, dass, wenn wir herziehen, wir für immer hierbleiben werden. Ich habe mir gewünscht, Freundinnen und Freunde zu finden und mich zu vernetzen.“

Im Jahr 2000 war sie das erste Mal in Deutschland, als Au-Pair-Mädchen. Sie hatte damals keine Deutschkenntnisse. Davon ließ sich die heute 49-Jährige jedoch nicht abhalten und studierte in Hamburg Kunstgeschichte. Anschließend zog sie nach Frankreich und belegte dort einen Masterstudiengang in Archäologie. Sie und ihr Mann haben dann noch in verschiedenen Ländern gelebt, darunter in Kamerun, der Ukraine und Indien, bevor es Selene González 2020 nach Freiburg zog.

Theater und Engagement

Zur selben Zeit arbeitete die Schauspielerin und Stimmtherapeutin Dorothea Gädeke als Stimm- und Sprechtrainerin im Freiburger Theater und engagierte sich 2015 intensiv in der Flüchtlingshilfe. „Aber die Strukturen, in denen wir Helfenden damals agierten, habe ich als sehr chaotisch empfunden“, erinnert sie sich. „Ich habe deshalb nach einer organisierteren Form gesucht, um zu unterstützen.“ Als sie in der Badischen Zeitung einen Artikel über das Mentorinnen-Programm für Frauen mit Migrationshintergrund las, wurde ihr Interesse geweckt.

Schon den ersten Kontakt mit der Kontaktstelle Frau und Beruf Freiburg - Südlicher Oberrhein empfand ich als vertrauenserweckend, freundlich und gut strukturiert.

Dorothea Gädeke

A match made in heaven (der Kontaktstelle)

Selene González und Dorothea Gädeke trafen im Jahr 2020 aufeinander. Von der Kontaktstelle wurden sie als Tandem „gematcht“. Und ein Match waren die Beiden im besten Sinne:

Mit meiner Mentorin habe ich mich von Anfang an sensationell gut verstanden. Wir haben eine innere Verbindung. Wir sind beide Künstlerinnen und Dorothea war >wie eine Tür< für mich. Sie hat mir keine Anweisungen gegeben, wie ich Dinge tun sollte, sondern die Freiheit, mich auszuprobieren und mich dabei begleitet. Denn mir war klar, ich möchte hier langsam ankommen – das ist ein Prozess.

Selene González

Ihre Mentorin erinnert sich: "Ich hatte mich auf alles vorbereitet, als ich ins Mentoring startete. Aber administrativ bin ich eine Null. Die ganze Bürokratie ist jedoch nur ein Teil der Begleitung. Ich habe ebenfalls in verschiedenen Ländern gelebt und deshalb weiß ich, dass es beim Ankommen nicht nur um behördliche Vorgänge geht. Viel mehr wollte ich Selene von Anfang an alle Möglichkeiten aufzeigen, die sie hier hat. Ich habe ihr einen Überblick über die Berufswelt gegeben."

"Wir sind zum Beispiel nie zusammen zum Amt gegangen, denn ich bin sehr selbstbewusst und auch selbstständig“, bestätigt Selene González. „Wir haben geredet, Pläne gemacht und auch schöne Sachen zusammen erlebt.“

So lud Dorothea Gädeke ihre Mentee zu Theatervorstellungen ein oder auch mal zu einem gemeinsamen Abendessen mit einer Bühnenbildnerin, die von ihrer Ausbildung zur Kunsttherapeutin erzählte. „Das war sehr inspirierend für mich“, erklärt Selene González.

Mentoring als Brücke

Von Anfang an ist Selene González neugierig und offen an das Programm herangegangen. Sie war zunächst alleine mit ihrem Sohn nach Deutschland gekommen, ihr Mann hat noch zwei weitere Jahre in Indien gearbeitet. Deshalb stand für sie ganz oben auf der Prioritätenliste, dass ihr Sohn in Freiburg Fuß fasst. „Er hatte es hier am Anfang nicht leicht mit einem deutschen Vater und einer mexikanischen Mutter. Er ist nicht traditionell aufgewachsen, sondern hat in verschiedenen Ländern gelebt und verschiedene Schulen besucht. Deshalb war er erstmal sehr schüchtern. Und auch da war Dorothea an meiner Seite und hat mich unterstützt.“

Unterstützung durch die Kontaktstelle

Die Mentorin und ihre Mentee nahmen alle Angebote der Kontaktstelle wahr.

Es hat total Spaß gemacht. Wir sind gerne zu den Treffen hingegangen, haben andere Tandems kennengelernt. Die Kontaktstelle hat uns sehr wertschätzend behandelt, freundlich und kompetent. Ich habe auch an einigen Firmenbesichtigungen teilgenommen. Wir fühlen uns beide immer sehr gut von der Kontaktstelle unterstützt.

Selene González

Die Mentee hat eine Weiterbildung zur Beraterin absolviert und arbeitet für den „Wegweiser Bildung“ als Bildungsberaterin für Freiburg und Umgebung — inzwischen sogar in Festanstellung. Da berät sie auf Spanisch, Französisch, Englisch und Deutsch, insbesondere zu beruflichen Fragen.

Ratsuchende Frauen schicke ich schon mal gerne zur Kontaktstelle Frau und Beruf Freiburg - Südlicher Oberrhein weiter und mache Werbung für dieses wunderbare Programm!“

Selene González

Hinter den Kulissen:

Wie die Kontaktstelle das Mentorinnen-Programm vorbereitet und begleitet

Damit die Arbeit der Tandems über mehrere Monate erfolgreich funktioniert, setzen die Mitarbeiterinnen der Kontaktstelle ihre Expertise ein. Projektleiterin Ursula Lemmertz beschreibt die Arbeit „behind the scenes“:

Der Rahmen

In Gesprächen bereiten wir jede Mentee und jede Mentorin ausführlich auf ihre Aufgaben im Projekt vor. Wir sprechen über das jeweilige Rollenverständnis, klären Wünsche und Erwartungen und stehen auch im Projektverlauf mit Rat und Tat zur Seite.

Unsere Kontaktstelle schafft den Rahmen, in dem Mentees und Mentorinnen Informationen austauschen können, andere an ihren Erfahrungen teilhaben lassen und sich gegenseitig Tipps geben.

Die gemeinsamen, moderierten Treffen und Veranstaltungen, zu denen wir die Tandems eines Jahrgangs einladen, bieten Raum für jede Mentee, die eigenen Schritte vorzustellen, zu diskutieren und sich mit Frauen zu vernetzen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Mentorinnen schätzen den Austausch, denn er gibt ihnen die Gelegenheit zur Rücksprache und zum Abgleich, ob sie „es richtig machen“.

Das Matching

Eine ganz zentrale Rolle spielt das Matching, das heißt, das Zusammenbringen der Tandems. In dieser - besonders spannenden - Projektphase, sind Intuition und Erfahrung der Koordinatorinnen gefragt. Denn erfolgreich kann die Zusammenarbeit nur sein, wenn Mentee und Mentorin passend „gematcht“ werden.

Wie machen wir das konkret? Wir sehen die Frauen und sprechen mit ihnen, dabei legen wir uns aber noch nicht fest.

Ursula Lemmertz

Mit allen Interessentinnen für das Mentorinnen-Programm führen wir am Anfang ausführliche Informationsgespräche. Um eine Interessentin mit ihren Wünschen besser kennen zu lernen, bitten wir sie, uns über sich zu erzählen.

Der Eindruck aus diesem Gespräch ist die Grundlage für das spätere Matching. Dabei erläutern wir den Mentees konkret, wie das Programm funktioniert und wie die Unterstützung durch eine Mentorin aussehen kann - auch mit dem Hinweis, dass die Mentorin „nicht zaubern“ kann. Wir wollen damit die Erwartungen herunterschrauben. Allein die Teilnahme am Programm garantiert noch nicht den Traumjob.

Die Mentorinnen lernen wir in Videokonferenzen in kleinen Gruppen von 6-8 Frauen kennen. Wir stellen das Programm ausführlich vor und sprechen über die Rolle der Mentorin. Danach ist Zeit, Fragen zu stellen.

Dorothea Gädeke fiel uns bereits im ersten Treffen durch große Offenheit und interessierte Fragen auf. Mentee Selene González zeigte das gleiche Engagement und hat einen ähnlichen Hintergrund.  Deshalb war schnell klar, dass die beiden als Tandem gut passen würden. Beide Frauen mussten sich wiederholt in unterschiedlichen Ländern und Kulturen erfolgreich neu aufstellen, sich immer wieder „neu einfädeln“, wie ich das nenne. Sie haben Netzwerke gebildet und sind flexibel und offen mit neuen Herausforderungen umgegangen. Auch die Liebe zur Kunst verbindet sie.

Nach den Gesprächen berate ich mich mit meiner Kollegin und wir nehmen uns Zeit, die Tandems zusammen zu stellen.  Beim Matching achten wir neben beruflicher Übereinstimmung, familiärer Situation oder Wohnort, vor allem darauf, ob die Frauen „zueinander passen“.  Wenn die „Chemie stimmt“, freuen sich Mentee und Mentorin auf die gemeinsamen Treffen und werden eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbauen.

Natürlich, wenn die Mentee Ingenieurin ist und wir auch eine Ingenieurin als Mentorin haben, die ein großes Netzwerk hat, dann macht es Sinn, diese beiden zusammen zu bringen. Aber so ein Fall ist eher die Ausnahme.

Die Begleitung

Nach dem Prozess des Matchings ist die weitere Begleitung der Tandems wichtig. Zur Vorbereitung auf die Rollen arbeite ich gerne mit dem Bild eines Tandems-Fahrrads: Die Mentee sitzt vorne und lenkt. Die Mentorin nimmt hinten Platz, hilft treten und bei der Navigation! Dadurch ist der Begriff konkret erklärt, denn nicht alle Migrantinnen haben schon ein Tandem gesehen.

Wie wir uns nach den ersten Gesprächen mit Selene González und Dorothea Gädeke gut vorstellen konnten, passten die beiden sehr gut als Tandem. Nach dem Matching machten sie sich mit großem Engagement zusammen auf den Weg. Damit Selene González in der neuen Heimat gut ankommen konnte, gingen sie Schritt für Schritt voran. Dabei haben sie neben dem beruflichen Weg von Selene González nie familiäre, zwischenmenschliche und kulturelle Themen aus dem Blick verloren.

Wir unterstützen unsere Tandems mit regelmäßigen Informationen und Tipps. Gemeinsame Treffen in der Gruppe und Unternehmensbesuche bieten Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und Vernetzen.

Und eins ist uns dabei ganz wichtig: Bei allen Angeboten stellen wir die Fähigkeiten und Stärken, der Mentees in den Mittelpunkt.  Frauen, die als Migrantinnen nach Deutschland kommen, mussten in ihrem Leben schon viele Widrigkeiten überwinden und sich in wechselnden Lebens- und Berufssituationen zurechtfinden!

Projektleiterin Ursula Lemmertz, Kontaktstelle Frau und Beruf Freiburg - Südlicher Oberrhein im Dezember 2023

Mentorin Dorothea Gädeke (l.), Projektleiterin Ursula Lemmertz (m.) und Mentees Selene González (r.)

Mentorin Dorothea Gädeke (l.),    Projektleiterin Ursula Lemmertz (m.) und Mentee Selene González (r.)

 

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