In meinem Kopf spielten sich Horrorszenarien ab, als ich nach Jahren der Familienarbeit meinen beruflichen Wiedereinstieg plante – planen musste! Ich stellte mir vor, wie mir von institutioneller Seite bestätigt würde, dass meine Studienabschlüsse und meine Berufserfahrung durch die lange Familienphase nichts mehr wert seien.
Ich befürchtete, man würde mir sagen, ich sei in meinem Beruf auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu vermitteln.
Ich hatte das Gefühl, mich auf dünnes Eis zu begeben: Jahrelang war ich nicht erwerbstätig gewesen, hatte mich entschieden, meine Kinder als Alleinerziehende zu erziehen. Außerdem habe ich meine Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt. Ständig verspürte ich den Druck, mich dafür rechtfertigen zu müssen. Andererseits war ich auch stolz auf das, was ich geleistet habe und freute mich, in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, mich selbstständig zu machen.
Vor allem aber hatte ich große Zweifel, ob ich genug Kraft und Ausdauer besitzen würde, es wieder zurück in meinen Beruf zu schaffen oder ob ich mit meinen 46 Jahren nur noch für Aushilfstätigkeiten in Frage käme. Ich hatte Angst, dass mich ein mögliches Scheitern und fehlende Perspektiven regelrecht einbrechen lassen würden.
Mit diesem emotionalen „Gepäck“ ging ich ins Beratungsgespräch bei der Kontaktstelle Frau und Beruf Ostwürttemberg in Aalen. Hier war die Atmosphäre geprägt von großer Wertschätzung meiner Person, konstruktiv machten wir uns an eine Bestandsaufnahme meiner Situation. Die Beraterin und ich ermittelten gemeinsam meine Ressourcen, Fragen, Wünsche und Bedürfnisse. Außerdem entwickelten wir mehrere alternative Handlungsmöglichkeiten. Nach dem Gespräch dauerte es noch einige Zeit, bis ich alles so weit verarbeitet hatte, dass ich es auch umsetzen konnte. Schließlich schrieb ich drei Bewerbungen, führte zwei Vorstellungsgespräche und erhielt zwei Zusagen. Für eine der beiden habe ich mich entschieden und arbeite seit fast zwei Jahren in einem Team, in dem die "Brüche" in meiner Erwerbsbiografie von Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten und auch von mir selbst, nicht als Manko gesehen werden, sondern als Zeit, in der ich wertvolle Kompetenzen erworben habe.
Im Nachhinein weiß ich, dass die Kombination aus der unvoreingenommenen Wertschätzung meiner Lebensentscheidungen und der Erarbeitung konkreter Handlungsmöglichkeiten die Grundlage bildeten, auf der ich das nötige Selbstvertrauen entwickeln konnte, um später bei der Stellensuche erfolgreich zu sein.
So kann ich jetzt sagen: 'Ich bin wieder da und freue mich auf die Aufgaben und Herausforderungen, die noch kommen!' Der Kontaktstelle Frau und Beruf danke ich herzlich und hoffe, dass ihr Beratungsangebot noch lange vielen Frauen zur Verfügung stehen wird!
Melanie Barth, im Februar 2017